6 Überwachung des Wassers für die Primärproduktion und der damit zusammenhängenden Vorgänge an den Erzeugungsorten (bei und nach der Ernte)

Verschiedene Faktoren in Verbindung mit der Verwendung von Wasser in der Landwirtschaft können sich auf das Risiko einer mikrobiologischen Kontamination von frischem Obst und Gemüse auswirken, beispielsweise die Wasserquelle, die Art der Bewässerung (Tropf- oder Sprinklerbewässerung usw.), ob der essbare Teil von frischem Obst und Gemüse unmittelbar mit dem Bewässerungswasser in Berührung gekommen ist, eine Wasserbehandlung durch den Erzeuger, der Zeitpunkt der Bewässerung vor der Ernte und ein möglicher Zugang von Tieren zur Wasserquelle. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die jeweilige Stufe in der Lebensmittelkette: Kann eine mögliche Kontamination noch beseitigt oder verringert werden (beispielsweise durch Austrocknen (unter Sonneneinstrahlung auf dem Feld) oder durch Waschen)? Wenn Lebensmittel verzehrfertig oder in räumlicher Nähe zum Verbraucher erzeugt werden, wird eine höhere Wasserqualität (ev. Trinkwasser) benötigt.

In der landwirtschaftlichen Praxis werden bei Tätigkeiten vor, bei und nach der Ernte unterschiedliche Wasserquellen und -qualitäten verwendet, und jede dieser Wasserquellen und ‑qualitäten hat eine andere Wirkung auf die mikrobiologische Kontamination von frischem Obst und Gemüse. Wasser von ungeeigneter Qualität kann eine unmittelbare Kontaminationsquelle sein und zur Verbreitung einer lokalen Kontaminierung auf dem Feld, in einer Anlage oder während des Transports führen. Wenn Wasser mit frischen Erzeugnissen in Berührung kommt, ist die Qualität des Wassers entscheidend für mögliche Kontaminationen mit Pathogenen. Auf einem Erzeugnis überlebende Pathogene können lebensmittelbedingte Erkrankungen verursachen. Bei Wasser von minderwertiger Qualität sind Enterobakterien besonders häufig (z. B. Salmonella spp., Campylobacter spp., VTEC und Viren (etwa Noroviren)). E. coli wird als typischer Indikator-Organismus für fäkale Kontaminationen genutzt, und erhöhte Gehalte an E. coli können auf eine höhere Wahrscheinlichkeit der Belastung mit Pathogenen hindeuten.

Wenn Beregnungswasser unmittelbar mit den essbaren Teilen der Pflanzen in Berührung kommt, sollte zur Beregnung Wasser von höherer Qualität verwendet werden, da. Außerdem sollte eine Beregnung nur in den frühen Wachstumsphasen der Pflanzen vorgenommen werden. Nach einer Beregnung kann eine Wartezeit bis zur Ernte vorgesehen werden. Dies gilt etwa für alle roh verzehrten Erzeugnisse (Blatterzeugnisse, Salatgemüse, Obst usw.).

Voraussetzung für die landwirtschaftliche Verwendung von Bewässerungswasser ist, dass das Wasser die Gesundheit des Menschen weder direkt noch indirekt beeinträchtigen kann.

Gesundheitliche Schädigungen können durch akut oder chronisch wirkende Schadstoffe und durch Krankheitserreger hervorgerufen werden. Aus diesem Grund dürfen im Bewässerungs­wasser Krankheitserreger und Schadstoffe nicht in Konzentrationen enthalten sein, die eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen.

Die hier aufgestellten Anforderungen unterscheiden sich von sonstigen physikalischen und chemischen Qualitätskriterien dadurch, dass nicht die Auswirkungen auf die Pflanzen, sondern die auf die Gesundheit des Menschen Beurteilungsgrundlage sind.

Die Schadstoffgehalte im Bewässerungswasser dürfen nur so hoch sein, dass die für den menschlichen Genuss bestimmten Pflanzenteile den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen.

Die Schadstoffgehalte im Bewässerungswasser dürfen nur so hoch sein, dass die für den menschlichen Genuss bestimmten Pflanzenteile weder an ihrer Oberfläche noch gespeichert höhere Gehalte an Schadstoffen aufweisen, als sie in den lebensmittelrechtlichen Bestimmun­gen zugelassen sind.

Von den Krankheitserregern haben vor allem solche mit fäkal-oralem Infektionsweg Bedeu­tung. Es sind dies Erreger, die mit menschlichen oder tierischen Fäkalien ausgeschieden wer­den, in die Umwelt und damit auch ins Wasser gelangen, und durch orale Aufnahme, durch Kontakt oder durch Einatmen von Aerosolen Infektionen auslösen können. Bei den Krankheitserregern handelt es sich um Bakterien, Viren und Parasiten.

Da Früchte aus Garten- und Feldbau mitunter bis knapp vor der Ernte bewässert werden, können selbst Krankheitserreger mit kurzen Überlebenszeiten auf der Oberfläche von Früchten und anderen Pflanzenteilen eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit darstellen.

Das Bewässerungswasser kann aus hygienisch-mikrobiologischer Sicht in vier Eignungsklassen eingeteilt werden, die sich durch die Art der Anwendung unterscheiden. Bei der Eignungsklas­se 4 handelt es sich um stark fäkal belastetes Oberflächenwasser.

Bei Überschreiten der Richtwerte einer der in der folgenden Tabelle angeführten Eignungsklassen ist eine auf die jeweilige Situation angepasste erweiterte mikrobiologische Untersuchung vorzunehmen (z. B. weiterführende Untersuchungsserien und Parameter, mikrobielle Herkunftsbestimmung, Gefährdungs- und Risikoanalyse) und durch eine fachkundige Person begutachten zu lassen, um die entsprechende Einstufung vornehmen zu können.

Um die Qualitätsanforderungen einer bestimmten Eignungsklasse zu erreichen, können im Sinne eines Risikomanagements adäquate Maßnahmen gesetzt werden, wie z. B. verbesserter Schutz des Einzugsgebietes, Elimination bzw. Reduktion der Fäkalquellen, optimierte Wassergewinnung oder Desinfektionsmaßnahmen.

Bei Einsatz von Desinfektionsverfahren sind die Anforderungen gemäß Österreichischem Lebensmittelbuch, Kapitel B1, Abschnitt 4, Desinfektion im Hinblick auf Betrieb und Überwachung zu beachten. Bei chemischen Desinfektionsmaß­nahmen ist die Pflanzentoxizität des Desinfektionsmittels und jene der möglichen Desinfektionsnebenprodukte zu berücksichtigen.

Trinkwasser aus einer öffentlichen Wasserversorgungsanlage ist aus hygienischer Sicht für Bewässerungszwecke uneingeschränkt geeignet, zusätzliche Untersuchungen sind nicht notwendig.

Waschwasser, welches zur Reinigung von Gemüse und Obst verwendet wird, hat aus hygienischer Sicht in jedem Fall beim letzten Waschgang (oder Reinigungsabschnitt) den mikrobiologischen Anforderungen der Trinkwasserverordnung (BGBl. II Nr. 304/2001 idgF) zu entsprechen.

 

Tabelle Eignungsklassen für die Verwendung von Bewässerungswasser

Wasserart

Eignungs-klasse

Anwendung

Frischgemüse

Escherichia coli

Anzahl/100 ml

(ISO 9308-1;

ISO 9308-3*)

Enterokokken

Anzahl/100 ml

(ISO 7899-1*;

ISO 7899-2)

Grundwasser

1

Zum Frischverzehr bestimmte Früchte mit schwer zu reinigenden Oberflächen (z. B. Beerenfrüchte, diverse Salatpflanzen)

Petersilie, grün, Salat (alle Sorten), Schnittlauch, Spinat, Obst, Wein

≤ 5

≤ 5

Grundwasser / reines Oberflächen-wasser

2

Gemüse und Obst, das leicht zu reinigen ist und für den Frischverzehr vorgesehen ist. Einwöchige Karenzzeit nach der Beregnung (z. B. Paprika, Tomate)

Broccoli, Chinakohl, Grünerbsen, Fleischkraut (Zuckerhut), Freilandgurken, Gewächshausgurken, Käferbohnen, Karfiol (Blumenkohl), Knoblauch, Knollenfenchel, Kohl (Wirsing), Kohlsprossen, Kohlrabi, Weißkraut, Rotkraut, Melanzani, Melone, Paprika, Paradeiser (Tomaten), Pfefferoni, Pflückbohnen (Fisolen), Porree (Lauch), Rhabarber, Spargel (grün), Speisebohnen, Speisekürbis, Zucchini, Zuckermais (Speisemais), Zwiebeln (lose, Jungzwiebeln)

≤ 200

≤ 100

Oberflächen-wasser

3

Obst und Gemüse, das nicht für den Frischverzehr vorgesehen ist, und einer Behandlung unterliegt (z. B. Senfgurken, Kraut, Erbsen, Bohnen)

Gemüse und Obst für den Frischverzehr bis zwei Wochen vor der Ernte

Wurzelgemüse zum Frischverzehr, dessen verzehrbare Teile unterirdisch liegen (z. B. Radieschen, Karotten)

Chicoreewurzel, Karotten, Kren, Pastinak, Petersilienwurzel, Radieschen, Rettich (weiß, schwarz), Rote Rüben, Sellerie, Spargel (weiß)

≤ 2 000

≤ 400

Oberflächen-wasser

4

Sämtliche Jungpflanzen in den ersten drei Wochen, und alle Feldkulturen (z. B. Getreide) im unverbauten Gebiet, sowie Obst im Vorfruchtstadium

Tropfbewässerung bei allen Kulturen, wobei die Frucht nicht mit dem Bewässerungswasser in Kontakt kommen darf (z. B. Wein- und Obstgehölze, Gemüsekulturen)

jede Form von Unterflurbewässerung

 

≤ 15 000

≤ 7 000

 

* *…Diese Methoden sind nicht geeignet für die Feststellung der Eignungsklasse 1, da ihre Bestimmungsgrenze 15/100 ml beträgt.

 

Bei Tropfbewässerung ist die Eignungsklasse 4 ausreichend, sofern die zum Verzehr bestimmten Pflanzenteile mit dem Bewässerungswasser nicht in Berührung kommen.

Gemüse, das für die Verarbeitung bzw. als Gefriergemüse Verwendung findet, muss mindestens mit Wasser der Eignungsklasse 3 bewässert werden (Ausnahme: Tropfbewässerung, Eignungsklasse 4).

Das Bewässerungswasser sollte zumindest einmal im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens physikalisch, chemisch und mikrobiologisch untersucht werden.

Die Einstufung von Oberflächenwasser in die Eignungsklassen gemäß voriger Tabelle erfolgt auf Basis von bis zu drei bakteriologischen Untersuchungen.

Im laufenden Betrieb werden folgende Untersuchungshäufigkeiten empfohlen:

Grundwasser (z. B. Brunnenwasser): einmal im Zuge der wasserrechtlichen Bewilligung, danach mind. alle 2 Jahre bzw. jährlich bei begründetem Verdacht von möglichen Schwankungen der Grundwasserqualität

Oberflächenwasser (aus stehenden oder Fließgewässern): mind. 1 x jährlich.

Bei Trinkwasser aus einer öffentlichen Wasserversorgung ist keine Untersuchung erforderlich. Dokumente (z. B. Wasseruntersuchungsergebnisse des Wasserversorgers oder der Gemeinde) liegen vor.

Auf die entsprechenden geltenden Normen der Probenahmetechnik und eine allfällig notwen­dige Stabilisierung der Wasserproben wird hingewiesen.

Vorzugsweise zu untersuchen sind:

  1. Physikalische Parameter: Schwebstoffe, Leitfähigkeit, pH-Wert, Temperatur
  2. Chemische Parameter: Bor, Calcium, Chlorid, Eisen, Magnesium, Mangan, Natrium, Nitrat, Zink
  3. Bakteriologische Parameter: Escherichia coli und Enterokokken
  4. Weitere Parameter: Weitere Parameter sind bei relevanten Belastungen im Einzugsgebiet zu überprüfen.

Werden bei einer Analyse die Richtwerte überschritten, so muss die Analysehäufigkeit verdoppelt und zusätzliche Maßnahmen eingeleitet werden.

Bewässerte Kulturen

 

Ο Brunnenwasser Ο Oberflächenwasser (Teich, Fluss, …) Ο öffentliches Netz

Bewässerungsmethode

 

Anzahl Entnahmestellen

Mikrobiologische Wasseranalyse NICHT NOTWENDIG, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:

  • Wasser wird aus dem öffentlichen Netz zur Bewässerung verwendet (z. B. belegbar durch Abrechnungen)
  • Wasser kommt nicht mit dem Produkt in Berührung (z. B. Kultur in der Erde -> Erdäpfel, … oder Tropfbewässerung)
  • Sonstige plausible Begründungen (z. B. Blanchieren beim Abnehmer)
  • Mindestens 2 Wochen Wartefrist vor der Ernte (lt. Aufzeichnung Bewässerung). Nur bei Brunnenwasser; nicht für Blattsalate!

Mikrobiologische Wasseranalyse NOTWENDIG, wenn keiner der vorher angeführten Punkte zutrifft. Die Festlegung der Untersuchungsfrequenz wird mittels folgender Bewertung vorgenommen:

Gefahr

Beschreibung/Ursache

Gefahr J/N

Maßnahmen/Verfahren

Offensichtlich (Verschmutzung, Geruch)

Wasser ist trüb

Wasser ist geruchlos/riecht faulig

   

Chemisch

(Dünger,

Pestizide, Öl)

Verunreinigungen durch Maschinen, Aggregate, …

Verunreinigungen durch Dritte

(Industrie, Nachbarbetriebe, …)

   

Mikrobiologisch

Eintrag durch Fäkalien (Wildtiere, Nagetiere, Kleintiere, …) Brunnen abgedeckt?

Unkontrollierbarer Oberflächenwassereintrag (z. B. nach Starkregen)

   

Häufigkeit der mikrobiologischen Gießwasseruntersuchungen:

Nächste Gießwasseruntersuchung geplant (Monat/Jahr):

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