2.7 Abgrenzungsfragen

Vom Vorliegen einer pharmakologischen Wirkung einer Substanz ist nicht nur dann auszugehen, wenn es zu einer Wechselwirkung zwischen den Molekülen dieser Substanz und einem zellulären Bestandteil des Körpers des Anwenders kommt. Für das Vorliegen einer pharmakologischen Wirkung genügt eine Wechselwirkung zwischen dieser Substanz und einem beliebigen im Körper des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteil. Ein Erzeugnis, das eine solche Wechselwirkung entfaltet, ist Funktionsarzneimittel und nicht kosmetisches Mittel. (EuGH Chemische Fabrik Kreussler 06.09.2012 C-308/11)

Die Merkmale kosmetischer Mittel treffen auf ein Erzeugnis nicht zu, das unter der Bezeichnung "Erkältungs Bad" in Verkehr gebracht wird. Damit wird dem Produkt die weitaus überwiegende, wenn nicht ausschließliche Zweckbestimmung beigegeben, "bei Erkältung" verwendet zu werden; der bei einem Badezusatz nach der Verkehrsauffassung im allgemeinen gegebene Zweck der Reinigung und Pflege der Haut, allenfalls des Parfümierens, tritt schon angesichts der Bezeichnung in den Hintergrund. Die Ankündigung "sie atmen leichter und die Nase wird freier" stellt eine Konkretisierung der Wirkungsweise in Richtung der Linderung der mit einer "Erkältung" einhergehenden körperlichen Beschwerden dar.

Im Zusammenhang mit der Zuordnung des Produktes zu den Kategorien der Arzneimittel oder der kosmetischen Mittel ist im vorliegenden Fall weder die Darreichungsform (als Badezusatz) noch der Vertriebsweg (über Drogerien) von ausschlaggebender Bedeutung. Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung wird mit der Sammelbezeichnung "Erkältung" eine Reihe infektionsbedingter Erkrankungen (insbesondere) der oberen Luftwege umschrieben. Es entspricht weiters der allgemeinen Verkehrsauffassung, dass die bei solchen Erkrankungen auftretenden Beschwerden durch Auftragen bestimmter Substanzen (hier: Kampfer und ätherische Öle) auf die Haut oder deren Inhalation in Verbindung mit Wasserdampf gelindert werden können. Dass den erwähnten Hinweisen wegen der Darreichungsform als Badezusatz nach der Verkehrsauffassung eine andere Bedeutung zukäme, als dies etwa bei Verabreichung der Wirkstoffe in Salbengrundlage (als sogenannter "Balsam") der Fall wäre, ist nicht zu sehen. Es ist somit nicht zweifelhaft, dass durch die Bezeichnung "Erkältungs Bad", verbunden mit dem Hinweis auf die günstige Beeinflussung von bei Erkältungen auftretenden Atembeschwerden, beim Verbraucher der Eindruck erweckt wird, die Anwendung des Erzeugnisses bewirke eine Linderung der mit einer Erkältung einhergehenden krankhaften Beschwerden im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 AMG bzw. eine (subjektive) Zweckbestimmung zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der (durch Krankheit beeinträchtigten) Körperfunktionen im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des EuGH zum Begriff der "Arzneimittel nach Bezeichnung". Es kommt auch nicht darauf an, ob das in Rede stehende Produkt tatsächlich therapeutische Wirkung hat; auch die Erzeugnisse, die nicht ausreichend wirksam sind oder die nicht die Wirkung haben, die der Verbraucher nach der Bezeichnung von ihnen erwarten darf, können - je nach der Art des Inverkehrbringens - unter den Begriff der Arzneimittel nach der subjektiven Zweckbestimmung bzw. "nach Bezeichnung" fallen (vgl. auch hiezu EuGH vom 30. November 1993, Slg. 1983, 3883 Rn 29). Weder nach Aufmachung noch nach Darreichungsform ist ersichtlich, dass dem Produkt eine ausschließliche oder überwiegende Zweckbestimmung in Richtung der in § 5 LMG und Art. 1 Abs. 1 der RL 76/768/EWG genannten Zwecke zugeschrieben würde. Angesichts der Bezeichnung und des Hinweises auf die Erleichterung der Atmung kann auch nicht gesagt werden, dass - nach der beigegebenen Zweckbestimmung - Anwendung und Wirkung auf den Bereich der Haut und ihre Anhangsgebilde und der Mundhöhle im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 3 AMG beschränkt wären.

Angesichts der Bezeichnung und des konkret auf die Linderung mit einer Erkrankung einhergehender Beschwerden bezogenen Hinweises kann an der Eigenschaft des Produktes als Arzneimittel nach subjektiver Zweckbestimmung auch der Umstand nichts ändern, dass dem Produkt weitere Hinweise beigegeben wurden, die - für sich betrachtet - beim Inverkehrbringen eines kosmetischen Mittels nach § 26 Abs. 2 LMG zulässig wären.

Die Eigenschaft des in Rede stehenden Produktes als Arzneimittel kraft subjektiver Zweckbestimmung schließt dessen Eigenschaft als kosmetisches Mittel aus. (VwGH Erkenntnis vom 2001/01/29 97/10/0040).

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