Anhang 9 Überwachung von "Pestiziden" gemäß TWV und nicht relevanter Metaboliten in Trinkwasser
Gemäß § 3 Abs. 1 der Trinkwasserverordnung – TWV, BGBl. II Nr. 304/2001 idgF, muss Trinkwasser geeignet sein, ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit getrunken oder verwendet zu werden. Das ist gegeben, wenn es Mikroorganismen, Parasiten und Stoffe jedweder Art nicht in einer Anzahl oder Konzentration enthält, die eine potentielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen.
Dieser Anhang dient zur Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Überwachung von Trinkwasser auf mögliche Verunreinigungen durch Pestizide.
Der Begriff “Pestizide” gemäß TWV bedeutet:
- organische Insektizide
- organische Herbizide
- organische Fungizide
- organische Nematizide
- organische Akarizide
- organische Algizide
- organische Rodentizide
- organische Schleimbekämpfungsmittel
- verwandte Produkte (u .a. Wachstumsregulatoren) und die relevanten Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte
Für Pestizide und deren relevante Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte, sind in der Trinkwasserverordnung bzw. im Anhang I Teil B der Richtlinie 98/83/EG (Trinkwasserrichtlinie) einheitliche Parameterwerte von 0,1 μg/l bzw. 0,03 μg/l (für Aldrin, Dieldrin, Heptachlor und Heptachlorepoxid) festgelegt. Diese Werte basieren nicht auf einer ökotoxikologischen und humantoxikologischen Risikobewertung sondern wurden aufgrund des Vorsorgegedankens festgelegt.
Ein aktuelles Verzeichnis der in Österreich in Verkehr gesetzten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, der jeweiligen ADI-Werte und der aus humantoxikologischer Sicht maximal tolerierbaren Konzentrationen (MTK) dieser Wirkstoffe im Trinkwasser ist auf der Webseite der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zu finden: http://www.ages.at/fileadmin/AGES2015/Themen/Umwelt_Dateien/Wasser/ADI-_und_MTK-Werte
Im öffentlichen Pflanzenschutzmittelregister des Bundesamtes für Ernährungssicherheit können über die Eingabemaske detaillierte Abfragen zu zugelassenen Präparaten, Wirkstoffen und Anwendungsgebieten bzw. Indikationen durchgeführt werden: http://pmg.ages.at/pls/psmlfrz/pmgweb2$.Startup
Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln setzt voraus, dass deren Wirkstoffe und deren Rückstände (Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte) weder über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte) eine schädliche Auswirkung auf die Gesundheit des Menschen (einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen) noch eine negative Auswirkung auf das Grundwasser haben. Letzteres bedeutet, dass bei bestimmungsgemäßer
Anwendung "Pestizide" eine Konzentration von 0,1 µg/l im Grundwasser nicht überschreiten dürfen.
Bei der Bewertung eines Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffes werden neben dem Wirkstoff selbst auch dessen Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte einer ökotoxikologischen und humantoxikologischen Risikobewertung unterzogen. Weiters werden die Wirkstoffe und Metaboliten im Hinblick auf ihre Mobilität im Boden und die Gefahr des Eintrags in das Grundwasser einer Bewertung unterzogen. Dementsprechend wird eine Einstufung der Metaboliten in für das Grundwasser „relevant" oder „nicht relevant" vorgenommen.
Als „relevant“ für das Grundwasser gelten jene Rückstände (Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte) von Wirkstoffen, die hinsichtlich ihrer biologischen/pestiziden Aktivität vergleichbare Eigenschaften besitzen wie die Muttersubstanz, oder aufgrund ihrer toxischen oder ökotoxischen Eigenschaften das Grundwasser oder andere hiervon abhängige Ökosysteme oder die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden.
Treffen diese Eigenschaften für einen Metaboliten nicht zu, kann er als „nicht relevant" bewertet werden und gilt somit nicht als "Pestizid" im Sinne der TWV sondern als unerwünschter Stoff.
Das Fachgebiet "Pestizide" befindet sich in ständigem Wandel. Dies betrifft neu auf den Markt gebrachte Wirkstoffe ebenso wie neue Erkenntnisse über Entstehung und toxikologische Wirkungen von Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukten. Somit wird der Anhang laufend entsprechend zu aktualisieren sein.
Für den Umgang mit Rückständen von nicht mehr zugelassenen Wirkstoffen, deren Anwendung verboten ist, wird eine gesonderte Regelung erforderlich sein, da deren Auftreten im Grundwasser nicht mehr beeinflussbar ist.
Weitere Informationen zu den Metaboliten, wie z. B. Strukturformeln, Trivialnamen, sonstige Bezeichnungen, können folgendem Bericht entnommen werden:
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (2014) Metaboliten im Grund- und Trinkwasser: Biologische und Humantoxikologische Relevanz von Pflanzenschutzmittelwirkstoff-Metaboliten
http://www.wasserwirtschaft.steiermark.at/cms/dokumente/11910977_102332494/aac7b996/Metaboliten%20im%20Grund-%20und%20Trinkwasser%20AGES%202014.pdf
Zur Beurteilung der Relevanz von Metaboliten im Grundwasser hat die Europäische Kommission den Leitfaden „Guidance document on the assessment of the relevance of metabolites in groundwater of substances regulated under council directive 91/414/EEC", Sanco/221/2000-rev.10-final, 25 February 2003, ausgearbeitet, siehe dazu: http://ec.europa.eu/food/plant/protection/evaluation/guidance/wrkdoc21_en.pdf
Dieser Leitfaden wurde vom „Ständigen Ausschuss für die Nahrungskette und Tiergesundheit" (SCFA) zur Kenntnis genommen. Nach dem Leitfaden ist bei der Genehmigung eines Wirkstoffs in mehreren Schritten zu prüfen, ob ein Metabolit relevant oder nicht relevant im Grundwasser ist. Voraussetzung für eine Genehmigung ist es, dass für Wirkstoffe und relevante Metaboliten im Grundwasser ein Parameterwert von 0,1 μg/l nicht überschritten werden darf. Für „nicht relevante Metaboliten" gibt es gemäß dem oben angeführten Leitfaden je nach Metabolit unterschiedliche Werte (meist zwischen 0,75 μg/l und 10 μg/l).
Bei Auftreten von „nicht relevanten Metaboliten“, auch wenn diese in Konzentra-tionen unterhalb des Aktionswertes vorliegen, sollte der Verlauf in geeigneter Weise beobachtet werden, um allenfalls rechtzeitig Maßnahmen setzen zu können.
Für diese „nicht relevanten Metaboliten“ wird vorsorglich jeweils eine Konzentration im Trinkwasser (Aktionswert) festgelegt, bei deren Überschreitung die Ursache zu prüfen und festzustellen ist, ob bzw. welche Maßnahmen zur Wiederherstellung
einer einwandfreien Wasserqualität erforderlich sind. Hierzu zählen z.B. die Überprüfung der ordnungsgemäßen Anwendung der Pflanzenschutzmittel und/oder der Einhaltung der Schutzgebietsbestimmungen durch die Behörden.
Es ist erforderlich, dass der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage die zuständigen Behörden von der Überschreitung von Aktionswerten informiert. Dieses gilt auch bei Auftreten mehrerer nicht relevanter Metaboliten, wenn der Summenwert von 5 µg/l überschritten wird.
Zu den Aktionswerten siehe Österreichisches Lebensmittelbuch/Leitlinien, Richtlinien, Empfehlungen/Trinkwasser: https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/codex/beschluesse/leitlinien_codexkommission.html
In den Tabellen 1 und 2 sind diejenigen Wirkstoffe, Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte von Pestiziden zusammengestellt, die bei der Erstellung des Überwachungsprogrammes im Rahmen der Eigenkontrolle und behördlichen Kontrolle zu berücksichtigen sind.
Tabelle 1: Pestizide gemäß Trinkwasserverordnung – TWV (BGBl. II Nr. 304/2001, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 208/2015), Anhang I, Teil B Chemische Parameter, Anmerkung 6
Nr |
Ausgangssubstanz/ Parameter |
CAS Nr. |
Parameterwert [µg/l]/span> |
1 | 2,4-D (2,4-Dichlorphenoxyessigsäure) | 94-75-7 | 0,10 |
2 | Alachlor | 15972-60-8 | 0,10 |
3 | Aldrin | 309-00-2 | 0,030 |
4 | Atrazin | 1912-24-9 | 0,10 |
5 | Azoxystrobin | 131860-33-8 | 0,10 |
6 | Bentazon | 25057-89-0 | 0,10 |
7 | Bromacil | 314-40-9 | 0,10 |
8 | Cloridazon | 1698-60-8 | 0,10 |
9 | Clopyralid | 1702-17-6 | 0,10 |
10 | Clothianidin | 210880-92-5 | 0,10 |
11 | Dicamba | 1918-00-9 | 0,10 |
12 | 2,4-DP (Dichlorprop) | 120-36-5 | 0,10 |
13 | Dieldrin | 60-57-1 | 0,030 |
14 | Dimethachlor | 50563-36-5 | 0,10 |
15 | Dimethenamid-p | 163515-14-8 | 0,10 |
16 | Diuron | 330-54-1 | 0,10 |
17 | Ethofumesat | 26225-79-6 | 0,10 |
18 | Flufenacet | 142459-58-3 | 0,10 |
19 | Glufonisat | 51276-47-2 | 0,10 |
20 | Glyphosat | 1071-83-6 | 0,10 |
21 | Heptachlor | 76-44-8 | 0,030 |
22 | Heptachlorepoxid | 1024-57-3 | 0,030 |
23 | Hexazinon | 51235-04-2 | 0,10 |
24 | Imidacloprid | 138261-41-3 | 0,10 |
25 | Iodosulfuron-methyl | 185119-76-0 | 0,10 |
26 | Isoproturon | 34123-59-6 | 0,10 |
27 | MCPA | 94-74-6 | 0,10 |
28 | MCPB | 94-81-5 | 0,10 |
29 | MCPP (Mecoprop) | 93-65-2 | 0,10 |
30 | Mesosulfuron-methyl | 208465-21-8 | 0,10 |
31 | Metalaxyl-M | 70630-17-0 | 0,10 |
32 | Metamitron | 41394-05-2 | 0,10 |
33 | Metazachlor | 67129-08-2 | 0,10 |
34 | Metolachlor | 51218-45-2 | 0,10 |
35 | Metribuzin | 21087-64-9 | 0,10 |
36 | Metsulfuron-methyl | 74223-64-6 | 0,10 |
37 | Nicosulfuron | 111991-09-4 | 0,10 |
38 | Pethoxamid | 106700-29-2 | 0,10 |
39 | Propazin | 139-40-2 | 0,10 |
40 | Propiconazol | 60207-90-1 | 0,10 |
41 | Simazin | 122-34-9 | 0,10 |
42 | Terbuthylazin | 5915-41-3 | 0,10 |
43 | Thiacloprid | 111988-49-9 | 0,10 |
44 | Thiamethoxam | 153719-23-4 | 0,10 |
45 | Thifensulfuron-methyl | 79277-27-3 | 0,10 |
46 | Tolylfluanid | 731-27-1 | 0,10 |
47 | Tribenuron-methyl | 101200-48-0 | 0,10 |
48 | Triclopyr | 55335-06-3 | 0,10 |
49 | Triflusulfuron-methyl | 126535-15-7 | 0,10 |
50 | Tritosulfuron | 142469-14-5 | 0,10 |
Pestizide insgesamt | 0,50 |
Tabelle 2: Zusammenstellung der Parameter (Metaboliten), die bei der Erstellung des Überwachungsprogrammes im Rahmen der Eigenkontrolle und behördlichen Kontrolle zu berücksichtigen sind
Nr | Ausganssubstanz (Wirkstoff) | zu untersuchender Parameter (Metabolit) | sonstige Bezeichnung/en (Synonyma) | CAS Nr (Metabolit) | Klassifizierung (Relevanz) | Parameterwert [µg/l] | Aktionswert [µg/l] |
1 | Alachlor | Alachlor-t-Sulfonsäure | Alachlor-t-ESA, Metabolit 65 | 142363-53-9 | NRM | - | 3,0 |
2 | Alachlor | Alachlor-t-Säure | Alachlor-t-OA, Metabolit 70 | 171262-17-2 | NRM | - | 3,0 |
3 | Atrazin | Atrazin-2-Hydroxy | AED, G-34048 | 2163-68-0 | NRM | - | 3,0 |
4 | Atrazin | Atrazin-Desethyl | DEA, G-30033 | 6190-65-4 | RM | 0,1 | - |
5 | Atrazin | Atrazin-Desisopropyl | DIA, G-28279 | 1007-28-9 | RM | 0,1 | - |
6 | Azoxystrobin | Azoxystrobin-O-Demethyl | CYPM, R234886 | 1185255-09-7 | NRM | - | 1,0 |
7 | Chloridazon | Chloridazon-Desphenyl | Metabolit B | 6339-19-1 | NRM | - | 3,0 |
8 | Chloridazon | Chloridazon-Methyldesphenyl | Metabolit B1 | 17254-80-7 | NRM | - | 3,0 |
9 | Chlorthalonil | Chlorthalonil-Sulfonsäure | 2-amido-3,5,6-trichlor-4-cyanobenzolsulfonsäure, M 12, R417888 | 1418095-02-9 | NRM | - | 3,0 |
10 | Chlorthalonil | 3-carbamyl- 2,4,5-trichlorbenzoesäure | M 5, R611965 | 142733-37-7 | NRM | - | 3,0 |
11 | Chlortriazine, diverse | 6-Chlor-1,3,5-Triazin-2,4-Diamin | Atrazin-Desethyl-Desisopropyl; 2-Chlor-4,6-Diamino-1,3,5-Triazin; Diaminochlortriazin; DACT | 3397-62-4 | RM | 0,1 | - |
12 | Dimethachlor | Dimethachlor-Sulfonsäure | CGA 354742 | k.A. | RM | 0,1 | - |
13 | Dimethachlor | Dimethachlor-Säure | CGA50266 | 1086384-49-7 | RM | 0,1 | - |
14 | Dimethachlor | CGA 373464 | - | 1196157-87-5 | RM | 0,1 | - |
15 | Dimethachlor | CGA 369873 | - | 1418095-08-5 | RM | 0,1 | - |
16 | Dimethenamid-P | Dimethenamid-P-Sulfonsäure | M27 | k.A. | NRM | - |
1 (Summenwert) |
17 | Dimethenamid-P | Dimethenamid-P-Säure | M23 | k.A. | NRM | - | |
18 | Flufenacet | Flufenacet-Sulfonsäure | Flufenacet-ESA, FOE-Sulfonsäure, M2 | 947601-87-8 | NRM | - | 1 |
19 | Flufenacet | Flufenacet-Säure | Fulfenacet-OA, FOE-Oxalsäure, M1 | 201668-31-7 | NRM | - | 0,3 |
20 | Flupicolid | 2,6-Dichlorbenzamid | BAM | 2008-58-4 | NRM | - | 3 |
21 | Glyphosat | Aminomethylphosphonsäure | AMPA | 1066-51-9 | NRM | - | 3 |
22 | Isoproturon | Isoproturon-Desmethyl | DM-IPU, M1 | 34123-57-4 | RM | 0,1 | - |
23 | Metazachlor | Metazachlor-Sulfonsäure | Metazachlor-ESA, BH479-8 | 172960-62-2 | NRM | - | 3 |
24 | Metazachlor | Metazachlor-Säure | Metazachlor-OA, BH479-4 | 1231244-60-2 | NRM | - | 3 |
25 | s-Metolachlor | s-Metolachlor-Sulfonsäure | Metolachlor-ESA,CGA 354743 | 171118-09-5 | NRM | - | 3 |
26 | s-Metolachlor | s-Metolachlor-Säure | Metolachlor-OA,CGA 51202 | 152019-73-3 | NRM | - | 3 |
27 | s-Metolachlor | NOA 413173 | SYN 547627 | 1418095-19-8 | NRM | - | 3,0 |
28 | s-Metolachlor | CGA 368208 | - | 1173021-76-5 | NRM | - | 0,3 |
29 | Metribuzin | Metribuzin-Desamino | M01, DA | 35045-02-4 | NRM | - | 0,3 |
30 | Propazin | Propazin-2-Hydroxy | - | 7374-53-0 | RM | 0,1 | - |
31 | Terbuthylazin | Terbuthylazin-Desethyl | GS 26379, MT1 | 30125-63-4 | RM | 0,1 | - |
32 | Terbuthylazin | Terbuthylazin-2-Hydroxy | GS 23158, MT13 | 66753-07-9 | RM | 0,1 | - |
33 | Terbuthylazin | Terbuthylazin-2-Hydroxy-Desthyl | GS 28620, MT14 | 66753-06-8 | RM | 0,1 | - |
34 | Tolylfluanid | N,N-Dimethyl-Sulfamid | DMS | 3984-14-3 | RM | 0,1 | - |
35 | Triazinylsulfonyl-harstoffe, diverse | 2-Amino-4-Methoxy-6-Methyl-1,3,5-Triazin | IN-A4098, AE-F059411, CGA 150829, N-Demethyl-Triazinamin | 1668-54-8 | RM | 0,1 | - |
36 | Triclopyr, Chlorpyrifos | 3,5,6-Trichlor-2-Pyridinol | TCP | 6515-38-4 | RM | 0,1 | - |
RM .............. relevanter Metabolit
NRM ........... nicht relevanter Metabolit
k.A. ............. keine Angabe zu CAS Nr.