Anhang 11 Leitlinie über die täuschungsfreie Aufmachung von pflanzlichen, veganen und vegetarischen Lebensmitteln mit Bezug in der Kennzeichnung zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs

Es gibt Lebensmittel am österreichischen Markt, die Hinweise über die Eignung für eine vegetarische bzw. vegane Ernährung aufweisen. Darunter befinden sich auch zahlreiche pflanzliche, vegetarische und vegane Alternativen zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Manchmal sind gewisse Kennzeichnungselemente bzw. die Gesamtaufmachung dieser Lebensmittel, wie die Bezeichnung oder Fantasiebezeichnungen, ähnlich mit jenen der entsprechenden Lebensmittel tierischen Ursprungs. Auf diese Weise gekennzeichnete Lebensmittel sind entsprechend den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf den Schutz vor Irreführung zu beurteilen. Für die vorliegende Thematik ist auch der Bezeichnungsschutz entsprechend den Vermarktungsnormen zu berücksichtigen.

Als Hilfestellung für die beteiligten Verkehrskreise werden nachfolgend wesentliche Kriterien aufgezeigt, welche bei der Kennzeichnungsbeurteilung insbesondere zu berücksichtigen sind.

Grundsätzlich müssen Informationen über Lebensmittel stets zutreffend, klar und für die Verbraucher:innen leicht verständlich und nicht irreführend sein. Bei der Beurteilung der Kennzeichnung von veganen und vegetarischen Lebensmitteln als Alternative zu den entsprechenden tierischen Produkten ist das allgemeine Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG in Verbindung mit Artikel 7 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV) heranzuziehen. Die unterschiedlichen Anforderungen bei der Wahl der verpflichtenden (beschreibenden) Bezeichnung, einer allfälligen freiwilligen Fantasiebezeichnung sowie sonstiger freiwilliger Kennzeichnungselemente sind im Rahmen der Beurteilung der Gesamtaufmachung jeweils im Einzelfall zu prüfen und zu berücksichtigen.

Bezeichnungen für verarbeitete Lebensmittel, die mit Hinweisen wie „vegan“, „vegetarisch“, „(rein) pflanzlich“ oder ähnlichen Angaben für bestimmte Zielgruppen am Markt angeboten werden, sind wie alle Informationen über Lebensmittel in Zusammenhang mit der Gesamtaufmachung hinsichtlich ihrer Eignung zur Irreführung der Verbraucher:innen zu prüfen.

  1. Kennzeichnung als „veganes“, „vegetarisches“ oder „pflanzliches“ Produkt (Geltungsbereich)

Die beiden Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“ sind als freiwillige Informationen im Sinne des Art. 36 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) zu beurteilen.

Derzeit fehlen rechtlich verbindliche Definitionen der Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“. Die EU-Kommission hat bislang noch keinen Durchführungsrechtsakt gemäß Art. 36 Abs. 3 lit. b LMIV betreffend Informationen über die Eignung eines Lebensmittels für Vegetarier:innen oder Veganer:innen erlassen.

Im nationalen Fragen und Antworten Katalog des BMSGPK zur Anwendung der LMIV (FAQ) finden sich die für die Beurteilung in Österreich relevanten Definitionen der Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“. Wenn diese Begriffe verwendet werden, müssen die betroffenen Lebensmittel den Anforderungen des nationalen FAQ entsprechen.

Die Begriffe „100 % pflanzlich“, „rein pflanzlich“ und „pflanzlich“ sind ebenso wie die Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“ rechtlich nicht definiert.(7) Aus Sicht der Verbraucher:innen werden die Begriffe „vegan“ und „100 % pflanzlich“ synonym verstanden. Die Angabe „plant based“ oder vergleichbare fremdsprachige Angaben sollten nur als zusätzliche Angaben verwendet werden, da sie nicht denselben aufklärenden Informationsgehalt wie Angaben in der gültigen deutschen Amtssprache aufweisen (vgl. auch Art. 15 LMIV, z. B.: „100 % pflanzlich“, „vegan“ oder „vegetarisch“).

Eine Auslobung wie „100 % pflanzlich“ darf nur auf Produkten erfolgen, die den Anforderungen an vegane Lebensmittel entsprechen. Vegane Zutaten, die nicht pflanzlichen Ursprungs sind (z. B. Pilze, Vitamine und Mineralstoffe, Mineralien, Wasser, Lebensmittelzusatzstoffe aus nicht-tierischen Rohstoffen oder nicht-tierischen Ursprungs) werden akzeptiert.

  1. Nicht zu verwendende Angaben und Abbildungen

Folgende Angaben werden im Rahmen der Kennzeichnung von pflanzlichen, veganen und vegetarischen Lebensmitteln mit Bezug in der Kennzeichnung zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs, die im konkreten Produkt nicht enthalten sind, nicht verwendet, auch nicht in phonetischer Abwandlung oder mit Angaben wie „nach Art …“, „wie …“ oder „Typ …“ oder vergleichbaren Angaben:

  • Geschützte Bezeichnungen für tierische Lebensmittel gemäß VO (EU) Nr. 1151/2012 (geschützte Ursprungsbezeichnungen, geschützte geographische Angaben und Bezeichnungen für garantiert traditionelle Spezialitäten);
  • Bezeichnung „Milch“ sowie sämtliche in Anhang VII Teil III Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 aufgeführten Bezeichnungen, wie beispielsweise „Molke“, „Rahm“ „Butter“, „Buttermilch“, „Käse“, „Joghurt“ „Kefir".(8)

Angaben und Aufmachungen - einschließlich bildliche Darstellungen - die sich auf Tierarten, Tierartengruppen, einschließlich Bezeichnungen für deren Altersstufen sowie auf die Anatomie von Tieren (z. B. gewachsene Fleischteilstücke) beziehen, die sich nicht im Produkt befinden, werden nicht verwendet, außer sie spezifizieren dadurch den Verbraucher:innen die Art der Verwendung, den Geschmack oder die Art der Zubereitung näher, wobei die Grenze der Zulässigkeit der Verwendung solcher Angaben/Aufmachungen bei der Eignung zur Irreführung liegt.(9)

Eindeutige Abbildungen des Produkts selbst dürfen verwendet werden. Abbildungen oder Piktogramme, die bei Verbraucher:innen eindeutig die Erwartung wecken es handle sich um ein tierisches Erzeugnis (z. B. Milchkanne) werden nicht verwendet.

Das Markenrecht bleibt unberührt, dies schließt jedoch auch bei markenrechtlich geschützten Angaben und Abbildungen Verstöße gegen die lebensmittel- und wettbewerbsrechtlichen Irreführungsvorschriften nicht aus.

Beispiele für Abschnitt 2:

  • Zulässig: „veganer Leberkäse aus Weizeneiweiß“, „Kokosmilch“ (da im Beschluss 2010/791 der EU-Kommission)
  • Nicht zulässig: „Pflanzenmilch“, „Hafermilch“, „Mlik“
  1. Anforderungen bei der Wahl der beschreibenden Bezeichnung

Für vegane und vegetarische Alternativprodukte gibt es weder rechtlich vorgeschriebene Bezeichnungen noch haben sich bisher gefestigte verkehrsübliche Bezeichnungen herausgebildet. Daher sind sie mit beschreibenden Bezeichnungen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. p LMIV zu kennzeichnen. Eine beschreibende Bezeichnung muss das Lebensmittel so hinreichend beschreiben, dass Verbraucher:innen die tatsächliche Art des Lebensmittels leicht erkennen und es von Erzeugnissen, mit denen dieses verwechselt werden könnten, unterscheiden können.

Regelmäßig wird daher das Lebensmittel als pflanzliche(s)/vegane(s)/vegetarische(s) „Erzeugnis“ oder „Zubereitung“ (oder vergleichbare Angabe) mit der spezifischen pflanzlichen Basis beschreibend zu bezeichnen sein. Die Verwendung von verkehrsüblichen oder gesetzlich normierten Begrifflichkeiten (z. B.: Bezeichnungen aus dem Codex Kapitel B 14, Handelsbezeichnungen für Erzeugnisse der Fischerei und Aquakultur, Bezeichnungen aus der EU-Honigrichtlinie, etc…) für sich alleinstehend ist bei veganen und vegetarischen Alternativprodukten nicht ausreichend als verpflichtende beschreibende Bezeichnung und wäre als nicht zulässig bzw. irreführend zu beurteilen.

Mit Ausnahme der geschützten Bezeichnungen gemäß obigen Abschnitt 2, sind Begriffe, die traditionell mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs in Verbindung gebracht werden unter folgenden Voraussetzungen in der beschreibenden Bezeichnung als zulässig zu beurteilen:

  • Sie werden begleitet durch eine eindeutige und deutlich wahrnehmbare Beschreibung des enthaltenen pflanzlichen Erzeugnisses bzw. der Zutat (z. B. Art des Proteins);
  • Sie werden begleitet durch Angaben wie „…- Geschmack“, „zu verwenden wie...“ oder vergleichbare Angaben;
  • Sie werden begleitet durch einen deutlichen aufklärenden Hinweis in gleicher Auffälligkeit auf die alternative Zusammensetzung (z. B. „vegan“, „vegetarisch“, vegan/vegetarisch Logo, „rein pflanzlich“);

Beispiele für Abschnitt 3 (Beschreibende Bezeichnungen):

  • Zulässig: „veganes Produkt/Erzeugnis aus Erbsenprotein mit Thunfischgeschmack“, „vegane Frankfurter/Fischstäbchen auf Basis von x-Protein/Eiweiß“, „pflanzliche Lachsalternative aus Erbsenprotein“, „veganer Ei-Ersatz mit Eiweiß der Erbse“, „vegane Ei-Alternative auf Mandelbasis“, „veganes Lachssteak auf Erbseneiweißbasis“
  • Nicht zulässig: „veganes Rinderfilet“, „vegetarischer Lachs“, „veganes Ei“
  1. Anforderungen bei der Wahl der freiwilligen Fantasiebezeichnungen

Zusätzlich zur verpflichtenden beschreibenden Bezeichnung kann auf freiwilliger Basis eine Fantasiebezeichnung gewählt werden. Diese darf jedenfalls nicht irreführend, zweideutig oder missverständlich sein (Art. 36 Abs. 2 LMIV) und darf mit der verpflichtenden beschreibenden Bezeichnung nicht im Widerspruch stehen. Die Eindeutigkeit und Klarheit der Gesamtinformation, darf nicht beeinträchtigt werden und es darf insbesondere auch durch blickfangartig gestaltete Fantasiebezeichnungen jedenfalls kein irreführender Gesamteindruck entstehen.

Mit Ausnahme der geschützten Bezeichnungen gemäß obigen Abschnitt 2 sind Begriffe, die traditionell mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs in Verbindung gebracht werden, in der Fantasiebezeichnung als zulässig zu beurteilen, wenn diese einen deutlichen aufklärenden Hinweis in gleicher Auffälligkeit auf die alternative Zusammensetzung begleitet werden (z. B. „vegan“, „vegetarisch“, „rein pflanzlich“, vegan/vegetarisch Logo). Um einen irreführenden Gesamteindruck zu vermeiden, kann es erforderlich sein, auch begleitend zur freiwilligen Fantasiebezeichnung eine deutlich wahrnehmbare Beschreibung des enthaltenen pflanzlichen Erzeugnisses bzw. der Zutat zu kennzeichnen.

Begriffe mit einer ähnlichen Phonetik wie das Lebensmittel tierischen Ursprungs, jedoch mit einer anderen Rechtschreibung, können verwendet werden, sofern sie keine geschützten Bezeichnungen gemäß obigen Punkt Abschnitt 2 nachahmen und in ihrer Gesamtaufmachung von den durchschnittlichen Verbraucher:innen vom tierischen Erzeugnis unterschieden werden können (z. B. durch den deutlichen Hinweis auf die alternative Zusammensetzung).

Beispiele für Abschnitt 4 (Freiwillige Fantasiebezeichnungen):

  • Zulässig: „rein pflanzliche Bratwürstel“, „pflanzliche Lachsalternative aus Erbsenprotein“ „vegetarischer Lax“, „vegetarischer Thun-Visch“, „veganes Wie’n Schnitzel“, „vegane Honigalternative“
  • Nicht zulässig: „Schnitzel“, „Bratwürstel“, „Lax“, „Thun-Visch“, „Wie’n Schnitzel“, (für diese Beispiele fehlt der Hinweis auf alternative Zusammensetzung in der Fantasiebezeichnung)

 

(7) Mit der Ausnahme von „pflanzlichen“ Streichfetten gemäß VO (EU) Nr. 1308/2013.

(8) Rechtssatz gemäß EuGH-Urteil in der Rechtssache C 422/16: Art. 78 Abs. 2 und Anhang VII Teil III der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 sind dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die Bezeichnung „Milch“ und die nach dieser Verordnung ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehaltenen Bezeichnungen bei der Vermarktung oder Werbung zur Bezeichnung eines rein pflanzlichen Produkts verwendet werden, und zwar selbst dann, wenn diese Bezeichnungen durch klarstellende oder beschreibende Zusätze ergänzt werden, die auf den pflanzlichen Ursprung des in Rede stehenden Produkts hinweisen, es sei denn, das Erzeugnis ist in Anhang I des Beschlusses 2010/791/EU der Kommission vom 20. Dezember 2010 aufgeführt (z. B. Kokosmilch, Erdnussbutter und Leberkäse, Fleischkäse, Butterschnitzel, faschiertes Butterschnitzel, Milchmargarine und Margarinestreichkäse).

(9) Ausgenommen sind Darstellungen von Tieren, bei denen für die Konsument:innen kein Zusammenhang mit dem Produkt und seinen Zutaten besteht und ein anderer Kontext klar erkennbar ist (z. B.: ein Bezug auf Ostern, Abbildung eines Tigers auf Kinderlebensmitteln).

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