6. Eigenkontrolle

Milchverarbeiter sind Lebensmittelunternehmer und damit selbst verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Sie müssen nach den Prinzipien der Guten Herstellungs- und Hygienepraxis (GHP) arbeiten, als Voraussetzung für eine hygienische Produktion. Wesentliche Elemente der GHP sind die Wareneingangskontrolle, die Anlagenkontrolle, die Personalschulung und die Ermittlung und Beherrschung von Gefahren, die von Milchprodukten ausgehen können. Gesundheitsgefährdungen können bei bäuerlichen Milchprodukten durch krankheitserregende Keime, durch Fremdstoffe (Chemikalien) oder Fremdkörper, wie Steine, Splitter, Kerne, Haare verursacht werden.

  1. Dokumentationund Aufzeichnungen
    Dokumentation und Aufzeichnungen sollen an Art und Umfang des Unternehmens angepasst werden. Sie sind eine Unterstützung bei der Umsetzung der Eigenkontrolle.

    Verpflichtende Dokumentation
    • Betriebs-und Produktionsdaten: Wennohnehin vorhanden, sollen Dokumente zum Betrieb oder zur Produktion bzw. zu den Produkten aufbewahrt werden.
    • Befund über die Trinkwasserqualität, wenn die Wasserversorgung aus eigenem Brunnen oder eigener Quelle erfolgt.
    • Produktblätter mit den kritischen Kontrollpunkten: Produktblätter aus der vorliegenden Leitlinie, aus anderer Quelle oder selbst erstellte sind einmalig zu unterschreiben. Damit wird bestätigt, dass die konkrete Herstellung nach den Vorgaben der Produktblätter erfolgt.
    • Fehlerprotokoll: Abweichungen von den Vorgaben der Produktblätter werden protokolliert (Datum, Produkt, Fehler, Maßnahme).
    • Checklisten für Räume sowie Reinigung und Desinfektion sind ein Mal jährlich auszufüllen, das Formular für die Schädlingsbekämpfung im Anlassfall.
    • Schulungsnachweise: (Hygiene-)Schulungen sind zu bestätigen.
    Empfohlene Dokumentation
    • Laufende Aufzeichnungen im Rahmen der Eigenkontrolle
    • Laborergebnisse (Ergebnisse der Rohmilchuntersuchung und von Produktuntersuchungen)
    • Produktbeschreibung
  2.  Produktuntersuchungen
    Die Wirksamkeit der Eigenkontrollen und des Hygienekonzeptes des Betriebes ist durch Produktuntersuchungen nachzuweisen. Das hygienische Risiko der Produkte ist zu berücksichtigen. Die mikrobiologischen Kriterien dienen als Anhaltspunkt dafür, ob Lebensmittel und deren Herstellungs-, Handhabungs- und Vertriebsverfahren akzeptabel sind oder nicht. Beim Auftreten von Mängeln sind erforderliche Maßnahmen zu setzen. Die Wirksamkeit der Eigenkontrollen und des Hygienekonzeptes des Betriebes sind durch Produktuntersuchungen zu überprüfen. Dabei ist zwischen Kriterien der Lebensmittelsicherheit und der Prozesssicherheit zu unterscheiden. Ausführliche Erläuterungen zur Produktuntersuchung können der Leitlinie über mikrobiologische Kriterien für Milch und Milchprodukte entnommen werden. Die Frequenz der Produktuntersuchungen ist abhängig vom hygienischen Gesamtrisiko.

    Kriterien für die Beurteilung des hygienischen Gesamtrisikos:
    • Hygienerisiko beim Endprodukt: Reihung der Produkte nach Risiko in absteigender Reihenfolge (laut Tabelle 3)
    • Hygienerisiko am Betrieb bezüglich Herstellungsbedingungen:
      − Inanspruchnahme von Ausnahmen bei der baulichen Ausstattung (z.B. offenporige Wände oder roher Betonboden in Käsereifungsräumen)
      − Einsatz von Holzbrettern zur Käsereifung oder Verwendung von Ausrüstungen aus Holz, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, sofern diese keiner Hitzedesinfektion unterzogenwerden können.
      − Zukauf von Rohmilch (in untergeordnetem Umfang und von einer Bezugsquelle)
    • Jährliche Milchverarbeitungsmenge
    Produkte mit erhöhtem Aufwand bzgl. Überwachung und Untersuchungen
    Labtopfen ohne Säuerung aus Rohmilch, Süßrahmbuttermilch und Süßrahmbutter aus Rohrahm weisen ein hohes hygienisches Risiko auf, da sich hygienisch kritische Keime während der Verarbeitung bei höheren Temperaturen ohne Hemmung durch die Säuerung vermehren können. Diese Produkte, sowie Trinkmilch und nicht fermentierte Milchmischerzeugnisse aus pasteurisierter bzw. hocherhitzter Milch (z.B. Schulmilch) sind jedenfalls zu untersuchen (Frequenz siehe Tabelle 3).
    1. Untersuchungen auf die Lebensmittelsicherheit
      Die Produktuntersuchungen bezüglich der Kriterien der Lebensmittelsicherheit (Salmonellen und Listerien) sollen gewährleisten, dass die Produkte bis zum Ende der Haltbarkeit sicher sind. Produkte aus Rohmilch und thermisierter Milch sind auf Salmonellen und Listerien, Produkteaus pasteurisierter Milch nur auf Listerien zu untersuchen.Bei Überschreiten der Grenzwerte für diese Kriterien sind keine Korrekturmaßnahmen beim Podukt möglich. Das Produkt ist somit gesundheitsgefährdend und vom Markt zurückzuholen. Bei neuerlicher Produktion ist eine weitere Untersuchung auf zumindest jene Keime notwendig, bei denen die Ergebnisse nicht entsprochen haben.

      Tabelle 1: Untersuchungshäufigkeit auf Kriterien der Lebensmittelsicherheit:
      Milchverarbeitungsmenge pro Jahr
      bis 20.000 kg über 20.000 kg
      1x/Jahr das risikoreichste Produkt 1x/Jahr das risikoreichste und
      1x/Jahr das mengenmäßig bedeutendste Produkt 1)

      1) Wird nur ein Produkt hergestellt, ist dieses zwei Mal pro Jahr zu untersuchen. Wenn das risikoreichste Produkt auch das mengenmäßig bedeutendste ist, ist auch ein zweites Produkt zu untersuchen, und zwar das nächste in der Reihung der Produkte nach Risiko in absteigender Reihenfolge (Tabelle 3).

      Listerienmonitoring bei oberflächengereiften Käsen:
      Bei der Herstellung von oberflächengereiften Käsen sind abhängig vom Hygienerisiko am Betrieb und der jährlichen Milchverarbeitungsmenge zusätzliche Schmierwasser- oder Produktuntersuchungen (Oberflächen) auf Listeria monocytogenes erforderlich:
      • bis 20.000 kg/Jahr und geringes Hygienerisiko am Betrieb: 1x/Jahr
      • bis 20.000 kg/Jahr und erhöhtes Hygienerisiko am Betrieb: 2x/Jahr
      • über 20.000 kg/Jahr: 4x/Jahr
      Die Untersuchung der Käse- und Schmierwasserproben auf Listeria monocytogenes erfolgt regelmäßig über das ganze Jahr verteilt.
    2. Untersuchungen zur Prozesshygiene
      Die Ergebnisse der Produktuntersuchungen auf Kriterien der Prozesshygiene (Staphylokokken, E. Coli, Enterobacteriaceae, Coliforme) zeigen an, ob die Funktionsweise des Herstellungsprozesses akzeptabel ist. Bei unzufriedenstellenden Untersuchungsergebnissen, die auf hygienische Mängel (z.B. Verunreinigungen) hinweisen, sind Korrekturmaßnahmen notwendig. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Korrekturmaßnahmen ist eine neuerliche Untersuchungauf zumindest jene Keime notwendig, bei denen die Ergebnisse nicht ensprochenhaben. Die Häufigkeit der routinemäßigen Produktuntersuchungen ist abhängig von der jährlichen Verarbeitungsmenge und dem Hygienerisiko bei den Herstellungsbedingungen am Betrieb.

      Tabelle 2: Untersuchungshäufigkeiten auf Kriterien der Prozesshygiene:
      Hygienerisiko am Betrieb Milchverarbeitungsmenge
      bis 20.000 kg über 20.000 kg
      gering 1x/Jahr das risikoreichste Produkt 1x/Jahr das risikoreichste und
      1x/Jahr das mengenmäßig bedeutendste Produkt 1)
      erhöht 1x/Jahr das risikoreichste und
      1x/Jahr das megenmäßig bedeutendste Produkt 1)
      1x/Jahr das risikoreichste Produkt je Produktgruppe 2)

      1) Wird nur ein Produkt hergestellt, ist dieses zwei Mal pro Jahr zu untersuchen. Wenn das risikoreichste Produkt auch das mengenmäßig bedeutendste ist, ist auch ein zweites Produkt zu untersuchen, und zwar das nächste in der Reihung der Produkte nach Risiko in absteigender Reihenfolge (Tabelle 3).
      2) Produktgruppen: 1. nicht fermentierte flüssige Milchprodukte, 2. Sauermilchprodukte, 3. Butter, 4. Frischkäse und ungereifte Käse, 5. gereifte Käse

      Zusätzliche Maßnahmen zur Überprüfung (Verifizierung) der Eigenkontrolle sind beispielsweise die pH-Wert-Messung im Herstellungsprozess, allenfalls die sensorische Prüfung der Produkte nach deren Herstellung und zum Ende der Haltbarkeitsfrist (z.B. auf Hefen undSchimmelpilze).

      Tabelle 3a: Untersuchungskriterien und Häufigkeiten für Produkte mit hohem Hygienerisiko
        verpflichtende Untersuchungen empfohlene
      Untersuchungen
        Lebensmittel-
      sicherheit
      Prozesshygiene
      Produkt (Reihung nach Risiko
      in absteigender Reihenfolge)
      LM. S.spp Staph. E.coli Entb. Colif. Hefen
      Labtopfen ohne Säuerung aus Rohmilch 4 1 4 4    
      Süßrahmbuttermilch aus Rohrahm 4 1  Keimzahl 6x    
      Süßrahmbutter aus Rohrahm 4 1   4    
      L.m.: Listeria monocytogenes, S.spp.: Salmonellen, Staph.: Staphylokokken (Koagolase-positive)
      E.coli: Escherichia coli, Colif.: Coliforme, Entb.: Enterobacteriaceae

      Tabelle 3b: Untersuchungskriterien nach Produktrisiko (Häufigkeiten siehe Tabellen 1 und 2)
      ersetzt die Liste "Reihung bäuerlicher Milchprodukte nach dem Hygienerisiko"

        verpflichtende Untersuchungen empfohlene
      Untersuchungen
        Lebensmittel-
      sicherheit
      Prozesshygiene
      Produkt (Reihung nach Risiko
      in absteigender Reihenfolge)
      LM. S.spp Staph. E.coli Entb. Colif. Hefen
      Weichkäse aus Rohmilch      
      Schnittkäse mit Oberflächenreifung -
      Rotschmiere oder Schimmel - aus Rohmilch1
           
      Innenschimmelkäse aus Rohmilch      
      Lab-Säuretopfen aus Rohmilch    
      Sauerrahmbuttermilch aus Rohrahm        
      Sauerrahmbutter aus Rohrahm      
      Sauermilchkäse aus Rohmilch      
      Labtopfen ohne Säuerung aus thermisierter Milch    
      Weichkäse aus thermisierter Milch      
      Schnittkäse mit Oberflächenreifungt aus thermisierter Milch1      
      Innenschimmelkäse aus thermisierter Milch      
      Weichkäse mit Oberflächenreifung -
      Rotschmiere / Schimmel - aus pasteurisierter Milch1
             
      Lab-Säuretopfen aus thermisierter Milch    
      Sauermilchkäse aus thermisierter Milch      
      Sauermilchtopfen aus Rohmilch    
      Sauermilchprodukte aus Rohmilch        
      Schnittkäse mit Naturrinde oder Überzug aus roher Milch      
      Halbhartkäse aus Rohmilch mindestens 60 Tage gereift      
      Schnittkäse mit Oberflächenreifung aus pasteurisierter Milch1        
      Hartkäse aus Rohmilch        
      Süßrahmbuttermilch aus pasteurisiertem Rahm          
      Sauerrahmbuttermilch aus pasteurisiertem Rahm          
      Sauerrahmbutter aus pasteurisiertem Rahm        
      Süßrahmbutter aus pasteurisiertem Rahm        
      Kakao, Trinkmilch, Vanillemilch, etc. aus pasteurisierter Milch       4 (2)2    
      Lab-Säuretopfen aus pasteurisierter Milch      
      Sauertopfen aus pasteurisierter Milch      
      Sauermilchprodukte aus pasteurisierter Milch        
      L.m.: Listeria monocytogenes, S.spp.: Salmonellen, Staph.: Staphylokokken (Koagolase-positive)
      E.coli: Escherichia coli, Colif.: Coliforme, Entb.: Enterobacteriaceae

      1 Zu berücksichtigen ist, dass im Hinblick auf das Listerienrisiko oberflächengereifter Käse das risikoreichste Produkt ist (siehe Kapitel. 2.1 „Listerienmonitoring bei oberflächengereiften Käsen“).
      2 Bei einwandfreien Vorergebnissen und funktionierender Eigenkontrolle, Rückgang auf 2x pro Jahr akzeptabel
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