2.6 Zur Irreführung geeignete Angabe
Gemäß § 18 LMSVG gelten § 5 Abs 2 und 4 LMSVG sinngemäß auch für kosmetische Mittel. Das Verbot des § 5 Abs 2 LMSVG, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben, wobei zur Irreführung geeignete Angaben insbesondere solche sind, die über ... Eigenschaften ... und Wirkungen ... des Lebensmittels täuschen, ist daher sinngemäß auch auf kosmetische Mittel anzuwenden.
Der mündige Konsument erwartet sich von einem mit dem Namen "24K-rat DELUXE FORMULA" bezeichneten Kosmetikprodukt (Hautcreme) nicht, dass sich darin sichtbare Goldplättchen mit einem Reinheitsgehalt von 24 Karat befinden, sondern nimmt an, dass sich darin geringe Spuren von Gold befinden. Dies trifft auch tatsächlich zu, und zwar in Form von kolloidalem Gold - worauf die Beklagte in ihren Werbeaussagen auch hinweist - (Sole oder Gele aus winzigen Goldpartikeln) in einer Menge von unter 0,05 ppm (0,000005 %).
Die (von der Beklagten zu beweisende, vgl 4 Ob 169/11y) Richtigkeit ihrer Behauptungen über die Wirksamkeit ihrer Produkte ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - von Relevanz für die Beurteilung des Vorwurfs der Irreführung. Die durchschnittliche Konsumentin der Kosmetika der Beklagten wird die Ankündigung, das den Produkten in welcher Form immer beigemengte Gold verleihe Strahlkraft bzw einen jugendlichen Schimmer, jedenfalls dahingehend verstehen, dass eine derartige Wirkung tatsächlich besteht. Die Angaben sind auch geeignet, sie zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätte. (OGH vom 28.11.2012, 4Ob116/12f)
Gemäß Art 20 Abs. 1 EU-Kosmetik-VO dürfen bei der Kennzeichnung, der Bereitstellung auf dem Markt und der Werbung für kosmetische Mittel unter anderem keine Texte und Bezeichnungen verwendet werden, die Merkmale oder Funktionen vortäuschen, welche die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen. In Ermangelung rechtsverbindlicher, europäischer Kriterien für Naturkosmetika beurteilt sich eine damit zusammenhängende, mögliche Täuschung von Verbrauchern über die Eigenschaft des Kosmetikums dabei nach dem vom Bundesministerium für Gesundheit herausgegebenem Österreichischen Lebensmittelbuch (im Folgenden: Lebensmittelbuch). Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich dabei um ein objektiviertes Sachverständigengutachten (VwGH 26.09.2011, 2010/10/0145; VwGH 20.06.1994, 92/10/0118), welches die maßgebliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers widerlegbar wiedergibt. Gemäß Codexkapitel B 33 "kosmetische Mittel", Teilkapitel "1. Naturkosmetik", Punkt 1.2.1 des Lebensmittelbuches, IV. Auflage, sind Naturkosmetika Erzeugnisse, die ausschließlich aus Naturstoffen bestehen. Naturstoffe iSd Lebensmittelbuchs (Punkt 1.2.2) sind Stoffe pflanzlichen, mineralischen und gewisse Stoffe tierischen Ursprungs, sowie deren Gemische, die gemäß Punkt 1.2.4 hergestellt (gewonnen und weiterverarbeitet) werden. Ausnahmen bestehen nur für bestimmte – naturidente – Konservierungsmittel (Punkt 1.2.7) und aus bestimmten Naturstoffen gewonnene Emulgatoren und Tenside (Punkt 1.2.8). Kosmetische Mittel, die den Anforderungen des Codexkapitels B 33, Teilkapitel 1. Naturkosmetik entsprechen, dürfen gemäß Punkt 1.3.1 des genannten Kapitels des Lebensmittelbuches mit der zusätzlichen Bezeichnung "Naturkosmetik" oder gleichsinnig ausgelobt werden.
Die „DD – Pflegedusche Zitronenmelisse" enthält den durch chemische Synthese hergestellten Inhaltsstoff „Sodium Coco-Sulfate", welcher in der Natur nicht vorkommt und auch keine Ausnahme iSd Punkt 1.2.7 oder 1.2.8. des Lebensmittelbuchs darstellt. Beim gegenständlichen Produkt handelt es sich demnach nicht um ein Natur-produkt iSd Lebensmittelbuchs. Das Inverkehrbringen dieses Produktes mit der Bezeichnung „Tiroler Naturkosmetik" ist daher unter Zugrundelegung der aus dem Lebensmittelbuch als objektivierten Sachverständigengutachten hervorgehenden maßgeblichen Verbrauchererwartung zur Täuschung über die Eigenschaften des Kosmetikums geeignet. Dem betreffenden Produkt wird durch die Bezeichnung „Tiroler Na-turkosmetik" ein Merkmal zugeschrieben, das es durch den Einsatz des chemisch-synthetischen Inhaltsstoffes „Sodium Coco-Sulfate" nicht besitzt. (LVwG Tirol vom 10.10.2018, LVwG-2018/41/0792-3)