3. Gesundheitsschädlich

Als „gesundheitsschädlich“ (§ 5 Abs. 5 Z 1 LMSVG) und somit „nicht sicher“ gemäß Art. 14 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind Lebensmittel oder sonstige in den Rahmen des LMSVG fallende Waren dann zu beurteilen, wenn sie geeignet sind bei bestimmungsgemäßer oder vorherzusehender Verwendung bei dem jeweils in Betracht kommenden Verbraucherkreis gesundheitliche Schäden hervorzurufen, es sei denn, dass diese Eignung nur bei ungewöhnlicher Empfindlichkeit oder unter Bedingungen besteht, die allgemein bekannt und vermeidbar sind oder gegen deren Eintritt ausreichend vorgesorgt ist.

Eine Eignung, gesundheitliche Schäden hervorzurufen, ist auch dann anzunehmen, wenn sie nur bei fortgesetztem Genuss (Gebrauch) der in Betracht kommenden Ware besteht. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, ob die Wiederholung des Genusses (Gebrauches) in Zeiträumen vorauszusehen ist, innerhalb welcher durch Kumulierung Gesundheitsschädigungen hervorgerufen werden können. Dabei sind die wahrscheinlichen sofortigen und/oder kurzfristigen und/oder langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit des Verbrauchers zu berücksichtigen, und zwar auch auf die der nachfolgenden Generationen.

Als weitere Grundlage der Beurteilung sind dem Verbraucher zur Verfügung gestellte Informationen durch Angaben auf dem Etikett, sowie allgemein bekannte Informationen und Verhaltensweisen, die der Vermeidung bestimmter die Gesundheit beeinträchtigender Wirkungen eines Lebensmittels bzw. einer Ware nach dem LMSVG oder einer bestimmten Lebensmittelkategorie dienen, zu berücksichtigen.

Ob ein in einem Lebensmittel oder einer sonstigen in den Rahmen des LMSVG fallenden Ware vorhandener oder darauf haftender Stoff beim bestimmungsgemäßen oder vorauszusehenden einmaligen oder fortgesetzten Genuss (Gebrauch) der Ware gesundheitliche Schäden (z.B. Kreuzkontamination) befürchten lässt, richtet sich sowohl nach der Art wie nach der Menge dieses Stoffes.

Sind lebende bzw. infektiöse Krankheitserreger (Mikroorganismen, Viren oder Parasiten) oder Toxine in oder auf einer Ware feststellbar, so muss bei ihrer Beurteilung auf die Eignung, die Gesundheit zu schädigen, auch geprüft werden, ob diese Krankheitserreger nicht durch die bestimmungsgemäße oder vorauszusehende Verwendung der Ware abgetötet und dadurch ihrer Gefährlichkeit beraubt bzw. die Toxine inaktiviert werden (z.B. durch einen Reinigungs- oder Zubereitungsvorgang).

Ist aber zu befürchten, dass die Krankheitserreger in vermehrungsfähigem Zustand und auf die für ihre Entwicklung erforderliche Art oder die Toxine Gelegenheit bekommen könnten, in den Körper von Menschen zu gelangen und dort schädliche Erscheinungen hervorzurufen, so sind derartige Waren als „gesundheitsschädlich“ im Sinne des § 5 Abs. 5 Z 1 LMSVG zu beurteilen.

Lebensmittel oder sonstige in den Rahmen des LMSVG fallende Waren, die unter den normalen Bedingungen ihrer Verwendung durch den Verbraucher in keiner Weise „gesundheitsschädlich“ sind, können unter Umständen doch wegen Gesundheitsschädlichkeit zu beanstanden sein, wenn sie ausdrücklich für eine ganz bestimmte Verbrauchergruppe angeboten wurden und bei bestimmungsgemäßem, vorauszusehendem Genuss bzw. Gebrauch durch diese bestimmte Verbrauchergruppe mit besonderer gesundheitlicher Empfindlichkeit geeignet sind, gesundheitliche Schäden hervorzurufen.

Zur Frage der Beurteilung einer ekelerregenden Beschaffenheit als „gesundheitsschädlich“ siehe Abs. 4.1 bzw.4.2.

Damit ein Lebensmittel oder eine sonstige in den Rahmen des LMSVG fallende Ware aus welchem Grunde immer als "gesundheitsschädlich" beurteilt werden kann, bedarf es nicht des Nachweises einer tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschädigung. Es kommt auf deren Eignung zur Gesundheitsschädigung an, deren Eintritt allerdings unter den normalen Bedingungen ihrer Verwendung durch den Verbraucher und nicht bloß unter ausgefallenen Bedingungen zu erwarten sein muss.

Eine nur im Falle einer ungewöhnlichen Empfindlichkeit eines Verbrauchers auf den Genuss eines Lebensmittels bzw. den Gebrauch einer sonstigen in den Rahmen des LMSVG fallenden Ware bestehende Eignung, die Gesundheit zu schädigen, vermag die Beurteilung als „gesundheitsschädlich“ nicht zu rechtfertigen. Was als ungewöhnliche Empfindlichkeit des Verbrauchers anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Stand der Wissenschaft.

Eine bei voraussehbarer Verwendung gegebene Eignung zur Gesundheitsschädigung führt dann nicht zur Beurteilung der Ware als „gesundheitsschädlich“, wenn dem Eintritt der Gesundheitsschädlichkeit durch ausreichende Maßnahmen entgegengewirkt wurde. Als solche Maßnahmen kommen unmissverständliche Warnungen bzw. Informationen oder Hinweise an den Verbraucher in Betracht.

Die möglichen Folgen eines übermäßigen oder unvernünftigen Genusses eines Lebensmittels bzw. Gebrauches einer sonstigen in den Rahmen des LMSVG fallenden Ware führen nicht zur Beurteilung als „gesundheitsschädlich“.

Dies betrifft beispielsweise den Genuss übergroßer Mengen von Speisen und Getränken, oder den gleichzeitigen Genuss von miteinander "unverträglichen" Lebensmitteln, woraus sich trotz einwandfreier Beschaffenheit der Ware der Gesundheit abträgliche Folgen ergeben können. Auch kosmetische Mittel können bei übermäßigem oder unvernünftigem Gebrauch die Eignung haben, die Gesundheit zu schädigen. Auch in diesen Fällen bleibt die Ware unbeanstandet.

In den die Beurteilung der Waren behandelnden Abschnitten der einzelnen Codexkapitel sind mitunter konkrete Voraussetzungen für die Beurteilung einer Ware als „nicht sicher – gesundheitsschädlich“ angeführt. Liegen diese Voraussetzungen (z.B. Überschreitung von Höchstmengen an bestimmten Stoffen, Nichteinhaltung bestimmter zur Vermeidung einer Gesundheitsschädlichkeit des Endproduktes angegebener Herstellungs- oder Behandlungsmethoden oder dgl.) vor, so ist die Ware nur dann als gesundheitsschädlich zu beanstanden, wenn sie nach diesen Allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen als gesundheitsschädlich zu beurteilen ist.

Kommt der Gutachter zum Ergebnis, dass eine untersuchte Ware die konkrete Eignung, die menschliche Gesundheit zu schädigen, besitzt und dass eine zum Schutze der Gesundheit erlassene Vorschrift verletzt worden ist, dann hat er nicht nur die untersuchte Ware als „nicht sicher – gesundheitsschädlich“ zu beurteilen, sondern auch auf den Verdacht einer Verletzung der in Betracht kommenden Vorschrift hinzuweisen.

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