Erläuterungen zur Probenplananwendung nach Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 idgF. über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel
- In der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 sind Probenahmepläne (Stichprobenpläne) festgelegt. Dabei handelt es sich um eine Aufstellung derjenigen Kriterien, die eine Lebensmittelcharge erfüllen muss, um akzeptiert zu werden. Bei der Anwendung des Probenahmeplans werden mehrere Proben (zumeist fünf) einer Charge untersucht. Bei der Untersuchung kommen Zwei- bzw. Dreiklassenpläne zur Anwendung.
Alle Stichprobenpläne sind charakterisiert durch
m = unterer Grenzwert
M = oberer Grenzwert
n =Anzahl zu untersuchender Proben (Anzahl der Probeeinheiten der Stichprobe)
c = Anzahl der Probeeinheiten, die einen Grenzwert überschreiten können (Zwei-klassenplan) bzw. maximale Anzahl der Probeneinheiten, die zwischen m und M liegen können (Dreiklassenplan).
Ein Zweiklassenplan kennt zwei Möglichkeiten der Beurteilung (befriedigend / unbefriedigend):- Das Ergebnis gilt als befriedigend, wenn von den Einheiten der Charge (n) in keiner Probe (bei c=0) der gesuchte Keim nachgewiesen wird bzw. in keiner Probe der Grenzwert überschritten wird (Wert ≤ Grenzwert m=M).
- Das Ergebnis gilt als unbefriedigend, wenn in einer der Proben der gesuchte Keim nachgewiesen wird bzw. in einer der Proben der Grenzwert überschritten wird (Wert > Grenzwert).
Ein Dreiklassenplan kennt drei Möglichkeiten der Beurteilung (befriedigend / ak-zeptabel / unbefriedigend):- Das Ergebnis gilt als befriedigend, wenn keine der Proben (n) den Grenzwert m überschreitet (Wert ≤ m).
- Das Ergebnis gilt als akzeptabel, wenn von n Proben maximal c Proben zwischen den Grenzwerten m und M liegen und die Keimzahlen der übrigen Proben höchstens den Grenzwert m erreichen.
- Das Ergebnis gilt als unbefriedigend, wenn ineiner oder in mehreren Proben der Grenzwert M überschritten wird (Wert > M) oder mehr als c von n Proben zwischen m und M liegen.
In der Leitlinie gilt bei den Lebensmittelsicherheitskriterien grundsätzlich ein Zweiklassenplan mit n=5 und c=0, bei den Prozesshygienekriterien gilt, wenn nicht anders angegeben, ein Dreiklassenplan mit n=5 und c=2. - Die Keimzahl-Grenzwerte beziehen sich auf Milliliter oder Gramm.
- Die Anzahl der gemäß den Probenahmeplänen der Verordnung zu ziehenden Probeeinheiten kann verringert werden, wenn die Lebensmittelunternehmerin/der Lebensmittelunternehmer anhand zurückliegender Aufzeichnungen der zuständigen Behörde nachweisen kann, dass er über funktionierende HACCP-gestützte Verfahren verfügt. Zu beachten ist allerdings, dass bei einer Überschreitung des Wertes m mit erhöhter Analysenfrequenz, bei Normüberschreitungen (c und/oder M) mit den in der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 vorgesehenen Konsequenzen zu reagieren ist. In bestimmten Fällen kann zur Beurteilung einer Charge (Partie) eine Untersuchung von mehr als fünf Proben notwendig sein.
- Prinzipiell entscheiden die Lebensmittelunternehmerinnen/Lebensmittelunternehmer über die angemessenen Probenahmehäufigkeiten im Rahmen ihrer HACCP-Verfahren und der Guten Hygienepraxis. Die in der Leitlinie enthaltenen Angaben zur Häufigkeit sind Empfehlungen für die Untergrenze der Probenah-mefrequenz.
- Coliforme, Hefen und Schimmelpilze, die in der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 nicht enthalten sind, sind in der vorliegenden Leitlinie ohne Probenahmehäufigkeiten inkludiert.
- Bei einer Untersuchung am Mindesthaltbarkeitsdatum werden die Proben bei der Temperatur gelagert, die die Lebensmittelunternehmerin/der Lebensmittelun-ternehmer empfiehlt. Bei der Angabe „gekühlt“ erfolgt die Lagerung der Proben bei 9°C.
- Wenn auf andere Verordnungen der Europäischen Union bzw. nationale Verordnungen Bezug genommen wird, wird dies im Text angegeben.
- Neben den in der Leitlinie festgesetzten Prozesshygienekriterien bedarf die Portionierung und Abpackung eigener Kriterien zur Beurteilung der Prozesshygiene. Zur Überprüfung der Abpackhygiene zählt unter anderem eine visuelle Kontrolle des Produktes auf das Vorhandensein von Schimmelpilzkolonien zum Zeitpunkt des Erreichens des Mindesthaltbarkeitsdatums. Dementsprechend gilt das in dieser Leitlinie festgelegte Kriterium „Schimmelpilze“ nur für original verpackte Ware.
- Bei gereiftem Käse erfolgt die Probenahme zur Untersuchung auf die Prozesshygienekriterien zu einem Zeitpunkt während der Herstellung, zu dem der höchste Keimgehalt erwartet wird.
Bei Schnittkäse sind die höchsten Keimzahlen üblicherweise vor der Reifung zu erwarten. Bei halbweichem Schnittkäse ist der Probenahmezeitpunkt, zu dem die höchsten Keimzahlen zu erwarten sind, durch Untersuchungen zu ermitteln. Bei der Untersuchung von reifem Schnittkäse gelten die in dieser Leitlinie festgelegten Grenzwerte, sofern die höchsten Keimzahlen vor der Reifung erreicht werden.
Bei Hartkäsen, bei denen Brenntemperaturen zwischen 48°C und 52°C angewandt werden, liegen die höchsten Keimzahlen üblicherweise im Käsebruch vor dem Brennen des Bruchs vor. Durch das Brennen erfolgt bereits im Kessel eine Abnahme der Keimzahl, auf der Presse findet eine weitere Inaktivierung statt1,2. Ist die Beprobung des Käsebruchs aus logistischen Gründen schlecht durchführbar, kann alternativ eine Randprobe der Käse vor der Reifung untersucht werden. In diesem Fall gelten allerdings andere Grenzwerte, die in dieser Leitlinie festgelegt sind. Dies gilt ebenso für die Untersuchung von reifem Hartkäse.
Bei Weichkäse erfolgt die Untersuchung üblicherweise am Ende des Reifungsprozesses unmittelbar vor dem Abpacken.
Anmerkungen zur Probenahme bei Käse vor der Reifung im Rahmen der Eigenkontrolle:
Bei der Probenahme im Betrieb soll eine Randprobe von etwa 500 g vor oder nach dem Salzbad gezogen werden. Ist dies aus produktionstechnischen oder logistischen Gründen nicht möglich, sollte die Probenahme spätestens am dritten Tag nach dem Salzbad erfolgen. Alternativ ist eine Probenahme mittels Käsebohrer (järbseitig) möglich, wobei ein Böhrling ausreichend ist. Generelle Empfehlungen zur Probenahme finden sich im Leitfaden ISO 707 | IDF 50.
Bei der Probenaufarbeitung im Labor werden bei der Untersuchung einer Randprobe, wenn möglich, in einem Abstand von ca. 2 cm vom Rand 10 g Probe über den gesamten Querschnitt ohne Käseoberfläche entnommen. - Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 haben Lebensmittelunternehmerinnen/Lebensmittelunternehmer, die verzehrsfähige Lebensmittel herstellen, welche ein durch Listeria monocytogenes verursachtes Risiko für die öffentliche Gesundheit bergen könnten, im Rahmen ihres Probenahmeplans Proben aus den Verarbeitungsbereichen und Ausrüstungsgegenständen auf L.mono-cytogenes zu untersuchen (Listerienmonitoring). Besonders gefährdete Produkte sind oberflächengereifte Käse (Rotschmierekäse und Schimmelkäse), da es bei diesen Käsen zu einer starken Vermehrung von Listerien aufgrund der Entsäuerung der Käseoberfläche kommen kann. Bei der Herstellung geschmierter Käse ist die Teilnahme an einem Schmierwasser-Listerienmonitoring die effektivste Vorgangsweise. Beim Schmierwassermonitoring wird die Schmiereflüssigkeit, die zur Käsepflege verwendet wurde, nach Beendigung des Schmierens auf Listerien untersucht. Bei der Untersuchung ist der Ansatz einer möglichst großen Menge wesentlich, um eine Kontamination im Betrieb frühzeitig nachweisen zu können. Durch einen halbquantitativen Ansatz, z.B. mit Ansatzmengen von ca. 1.000 ml, 100 ml und 10 ml, ist zudem eine grobe Abschätzung des Kontaminationsniveaus möglich. Des Weiteren können regelmäßig andere Proben aus dem Käsereiumfeld (zum Beispiel Gullywasser, Waschwasser, Salzbad, Bodenproben) oder Proben von der Käseoberfläche (Käsegeschabsel oder -rinde) entnommen und auf Listerien untersucht werden. Im Bereich der Käseabpackung kann eine Überprüfung mittels Tupferproben sowie durch eine Untersuchung von Slicerstaub oder
Putzabfällen erfolgen. Mit dem Listerienmonitoring ist es möglich, einen Überblick über die Listeriensituation im Betrieb zu erhalten. Methoden zur Probenahme bei Abstrich- und Tupferverfahren wurden im ISO-Standard 18593 festgelegt. Vom Europäischen Referenzlabor für L.monocytogenes wurden dazu 2012 spezielle Probenahmerichtlinien zum Nachweis von L. monocytogenes ausgearbeitet. - Bei der Untersuchung auf L. monocytogenes kommen gemäß Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 grundsätzlich zwei Grenzwerte zur Anwendung:
Grenzwert „100KbE/g“ (quantitativer Ansatz)
Der Grenzwert gilt, wenn im oder auf dem Lebensmittel keine Vermehrung von L.monocytogenes möglich ist. Darunter fallen Erzeugnisse mit einem pH-Wert ≤ 4,4 oder einem aw-Wert ≤ 0,92 bzw. Produkte mit pH ≤5,0 und aw ≤ 0,94. Weiters zählen dazu Lebensmittel mit einer Haltbarkeit von weniger als 5 Tagen. Andere Lebensmittelkategorien können vorbehaltlich einer wissenschaftlichen Begründung ebenfalls zu dieser Kategorie zählen. Untersuchungen dazu sind auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission und des Europäischen Referenzlabors für L. monocytogenes durchzuführen.
Der Grenzwert gilt auch für Lebensmittel, bei denen zwar eine Vermehrung prinzipiell möglich ist, der Lebensmittelunternehmer aber zur Zufriedenheit der zuständigen Behörde nachweisen kann, dass dieser Grenzwert während der gesamten Haltbarkeitsdauer nicht überschritten wird. Detaillierte Empfehlungen zur Durchführung solcher Studien geben die Leitlinien der Kommission und des Europäischen Referenzlabors für L. monocytogenes.
Grenzwert „nicht nachweisbar in 25 g“ (qualitativer Ansatz)
Der Grenzwert gilt für Lebensmittel,bei denen eine Vermehrung möglich ist. Wesentlich ist, dass L.monocytogenesin 25 g nicht nachweisbar ist, bevor das Lebensmittel den Betrieb verlässt.
Empfohlene Vorgangsweise im Rahmen der Eigenkontrolle
Zur Überprüfung der guten Hygienepraxis und der HACCP-gestützten Verfahren ist der qualitative Ansatz (Nachweis von L. monocytogenesin 25 Gramm) die effektivste Vorgangsweise. - Probenahme zur Untersuchung gereifter Käse auf L. monocytogenes:
Listerien finden auf der Oberfläche geschmierter bzw. schimmelgereifter Käse bessere Wachstumsbedingungen als im Inneren vor. Bei Käseuntersuchungen im Rahmen der Eigenkontrolle ist daher der Rinden- bzw. Oberflächenanteil in der Probe beim qualitativen Nachweis mit einem überproportionalen Anteil vertreten, um die Empfindlichkeit des Nachweises zu steigern.
Bei der Probenahme im Betrieb im Rahmen der Eigenkontrolle wird bei Käsen in Laib-, Block oder Stangenform pro Probeneinheit je eine Randprobe von mindestens 500 g entnommen (siehe Abbildung). Bei kleinformatigen Käsen wird pro Probeneinheit jeweils ein ganzer Käse zur Untersuchung eingesandt.
Bei der Probenaufarbeitung im Rahmen der Eigenkontrolle wird im Labor bei Hart- und Schnittkäse üblicherweise ein überproportionaler Anteil von Rinde für die Anreicherung eingesetzt. Diese Vorgangsweise wird auch für nicht oberflächengereifte Käse angewandt. Bei rindenlosen Käseproben soll analog vorgegangen werden (überproportionaler Anteil der Oberfläche). - Der Transport und die Lagerung der Proben – bei Käse insbesondere die Proben vor der Reifung – müssen unter Bedingungen erfolgen, die eine Unversehrtheit der Probe garantieren (gekühlter Transport und Untersuchung möglichst innerhalb 24 Stunden nach Probenankunft).
1 Bachmann, H.P., Spahr, U. (1995): The fate of potentially pathogenic bacteria in Swiss hard and semihard cheeses made from raw milk. Journal of Dairy Science 78, 476-483.
2 Friedl, M. (2001): Hygienische Sicherheit von Hart-und Halbhartkäsen aus Rohmilch und thermisierter Milch. Dissertation Vet. Med. Wien.