Merkblatt zur Herstellung von durch Hitze haltbar gemachten Lebensmitteln in dicht schließenden Behältern
Veröffentlicht mit Geschäftszahl:
2021-0.411.069 vom 15.10.2021
Ziel
Durch diese Information soll auf das mikrobiologische Risiko hingewiesen werden, welches bei der Herstellung von Lebensmitteln, die durch Hitze haltbar gemacht und in luftdicht schließende Behälter abgefüllt wurden, besteht.
Lebensmittelunternehmer:innen im Bereich der Direktvermarktung, Gastronomie, Manufakturen und Gewerbe sollen damit bei der Herstellung von sicheren Produkten unterstützt werden.
Maßgebliche rechtlichen Grundlagen (Auszug)
- Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF
- Verordnung (EG) Nr. 178/2002 über allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts idgF
- Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über allgemeine Hygienevorschriften für Lebensmittel idgF
- Verordnung (EG) Nr. 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprung idgF
- Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien idgF
- Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel idgF
- Trinkwasserverordnung – TWV, BGBl. II 2001/304 idgF
- die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen idgF
- die Verordnung (EG) Nr. 10/2011 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen idgF
- Erlass des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generation vom 29.6.2000, GZ 31.901/39-IX/B/12/00).
Hintergrund
Verschiedene Anbieter:innen (Gastronomie, gewerbliche Hersteller:innen oder landwirtschaftliche Direktvermarktung) bringen zunehmend „haltbar gemachte“ Lebensmittel in luftdicht schließenden Behältnissen aus Glas, Metall und Kunststoff -Vakuumverpackungen auf den Markt.
Es handelt sich dabei um Gerichte wie Sugo, Gulasch, Beuschel, Suppen, Soßen und Gemüsezubereitungen.
Produkte, die zusätzliche haltbar machende Effekte aufweisen, etwa einen hohen Zuckergehalt (z. B. Konfitüren), einen hohen Salzgehalt, einen niedrigen pH-Wert (< 4,5) oder in Öl eingelegte Lebensmittel (z. B. Käse, Gemüse, Fisch), sind nicht Gegenstand dieser Empfehlung. Festzuhalten aber ist, dass es in den letzten Jahren auch bei in Öl eingelegtem Gemüse einige Krankheitsfälle gab. Für diese Produkte gelten spezielle Empfehlungen (siehe „Selbst hergestellte Kräuteröle und in Öl eingelegtes Gemüse bergen gesundheitliche Risiken - Mitteilung Nr. 001_2016 des BfR vom 04. Januar 2016“).
Herstellung und Vertrieb
Es kommen die unterschiedlichsten Erhitzungsverfahren zum Einsatz: Kochen und heiß abfüllen, Einkochen im Backrohr oder im Dampfgarer, Erhitzen der abgefüllten Behälter im Kombidämpfer und ähnliches.
In Bezug auf die Abtötung von Mikroorganismen sind diese Verfahren unterschiedlich effizient. Gemeinsam ist ihnen, dass keine Sterilisierung erfolgt und daher keine Vollkonserven erzeugt werden! Vollkonserven, die ungekühlt lagerfähig und für lange Zeiträume haltbar sind, können ausschließlich in dafür geeigneten Druckautoklaven hergestellt werden.
Der Vertrieb dieser Produkte erfolgt gekühlt oder ungekühlt auf unterschiedlichsten Wegen wie Selbstbedienungsläden, Automaten, Zustellung, Selbstabholung vom Hersteller oder auch über den Online-Handel.
Problemstellung
Durch die beschriebenen Erhitzungsverfahren werden zwar vermehrungsfähige („vegetative“) Bakterien abgetötet, nicht jedoch hitzeresistente Sporen (Bakteriendauerformen). Sporen können bei günstigen Bedingungen, z. B. ungekühlte Lagerung, wieder auskeimen und das Lebensmittel verderben. Manche Bakterienspezies wie Clostridium botulinum können aber auch gefährliche Toxine bilden (siehe Codex-Merkblatt Botulismus https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/hygieneleitlinien/Merkblatt_Vermeidung_lebensmittelbedingter_Botulismus_7_2021.pdf).
Hitzeresistente Sporen werden nur durch eine sogenannte Konservenkochung (121 °C/ 3 min, > 1,5 bar) sicher unschädlich gemacht. Diese Bedingungen werden bei der Verwendung von üblichen Haushaltsgeräten zur Erhitzung von Lebensmitteln nicht erreicht! Außerdem sind bei Arbeitsschritten, die nach dem Erhitzen getätigt werden (z. B. Umfüllungen), Rekontaminationen möglich.
Empfehlungen
Gekühlte Lagerung
Im haushaltsüblichen Druckkochtöpfen werden die Bedingungen zur Inaktivierung von hitzeresistenten Sporen nicht erreicht. Weiters sind die physikalischen Bedingungen wie sie zur Herstellung von Konserven notwendig wären, nicht überwacht.
Für Lebensmittel, die lediglich durch Erhitzung stabilisiert und in dicht schließende Behälter abgefüllt werden und somit keine Vollkonserven sind, ist ausschließlich eine gekühlte Lagerung (bis zu + 6 °C) zu empfehlen.
Angaben zur Konsument:inneninformation
Grundsätzlich können die Produkte als verpacktes Erzeugnis oder als für einen unmittelbaren Verkauf vorverpacktes Lebensmittel in Verkauf gebracht werden.
Bei verpackten Erzeugnissen ist eine Anbringung der Informationen am Etikett gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 erforderlich, unter anderem mit den Aufbewahrungsbedingungen, dem Mindesthaltbarkeitsdatum und gegebenenfalls Anweisungen für die Aufbewahrung und/oder Anweisungen für die Verwendung nach dem Öffnen, darüber hinaus mit allen anderen vorgeschriebenen Kennzeichnungselementen (Verzeichnis der Zutaten etc.). Es ist zu empfehlen als Aufbewahrungsbedingung eine „gekühlte Lagerung bis maximal + 6 °C“ anzugeben und die Mindesthaltbarkeitsfrist möglichst kurz zu halten. Wird eine längere Haltbarkeit angegeben, so wird empfohlen, eine fachliche Überprüfung der Sicherheit des Herstellungsprozesses vorzunehmen (z. B. durch mikrobiologische Lagertests).
Sollen durch Hitze haltbar gemachte Lebensmittel in dicht schließenden Behältern in Hinblick auf ihren unmittelbaren Verkauf angeboten werden, so hat die Abgabe an den:die Endverbraucher:in innerhalb von 48 Stunden zu erfolgen (siehe Erlass des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generation vom 29.06.2000, GZ 31.901/39-IX/B/12/00). Auch wenn solche Lebensmittel keine Kennzeichnung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 tragen müssen, so ist es bei diesen durch Hitze haltbar gemachten Lebensmitteln in dicht schließenden Behältern dennoch zu empfehlen, Anweisungen für die Aufbewahrung und/oder Anweisungen für die Verwendung anzubringen, um eine sichere Verwendung dieser Lebensmittel durch die Konsument:innen zu gewährleisten und eine Verwechslung mit Konserven auszuschließen.
Schulung Lebensmittelhygiene und spezifische Kurse absolvieren
Unternehmer:innen die Lebensmittel herstellen, insbesondere Neueinsteiger:innen, wird empfohlen, eine Lebensmittelhygieneschulung bzw. spezifische Schulungen zur Herstellung von derart haltbar gemachten Lebensmitteln zu absolvieren. So gilt, dass jede:r Mitarbeiter:in mindestens einmal im Jahr bzw. bei Neueintritt oder Veränderung des Aufgabengebietes zu schulen ist (siehe Leitlinie Personalschulung https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/hygieneleitlinien/LL_Personalschulung.pdf).
Eigenkontrollsystem etablieren
Unternehmer:innen sind für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich. Es wird darauf hingewiesen, dass die betriebliche Eigenkontrolle und unternehmerische Sorgfaltspflicht im Sinne der VO (EG) 178/2002 und VO (EG) 853/2004 an allen Prozessstufen implementiert, eingehalten und dokumentiert werden muss. Hilfestellungen dazu bieten spezifische Hygiene-Leitlinien und Merkblätter, sodass die Anforderungen an die Art und Umfang der Produktion angepasst werden können.