Im vorliegenden Fall befinden sich zum einen auf der Verpackung des Früchtetees u. a. Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten, die Angaben „Früchtetee mit natürlichen Aromen“ und „Früchteteemischung mit natürlichen Aromen – Himbeer-Vanille-Geschmack“ sowie ein grafisch gestaltetes Siegel „nur natürliche Zutaten“.

Zum anderen enthält der Tee nach dem auf einer Seite der Verpackung angebrachten Verzeichnis der Zutaten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2000/13, dessen Richtigkeit und Vollständigkeit nicht bezweifelt werden, natürliche Aromen mit „Vanillegeschmack“ und „Himbeergeschmack“. Es ist also unstreitig, dass der Tee keine natürlichen Zutaten aus Vanille oder Himbeere oder aus Vanille oder Himbeere gewonnenen Aromen enthält.

Im Ausgangsverfahren stellt sich daher die Frage, ob die Etikettierung des Früchtetees geeignet ist, den Käufer irrezuführen, weil sie den Eindruck des Vorhandenseins von Himbeer- und Vanilleblütenzutaten oder aus diesen Zutaten gewonnenen Aromen erwecken könnte, obwohl solche Zutaten oder Aromen darin nicht vorhanden sind.

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.2 Abs.1 Buchst. a Ziff. i und Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2000/13 dahin auszulegen sind, dass es mit ihnen nicht vereinbar ist, dass die Etikettierung eines Lebensmittels und die Art und Weise, in der sie erfolgt, durch das Aussehen, die Bezeichnung oder die bildliche Darstellung einer bestimmten Zutat den Eindruck des Vorhandenseins dieser Zutat in dem Lebensmittel erwecken können, obwohl sie darin tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten auf der Verpackung des Lebensmittels ergibt.

Der Umstand, dass das Verzeichnis der Zutaten auf der Verpackung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisses angebracht ist, kann jedoch für sich allein nicht ausschließen, dass die Etikettierung dieses Erzeugnisses und die Art und Weise, in der sie erfolgt, geeignet sein könnten, den Käufer gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 irrezuführen.

Die Etikettierung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 umfasst nämlich alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und die auf dessen Verpackung angebracht sind. In der Praxis kommt es vor, dass einige dieser verschiedenen Elemente unwahr, falsch, mehrdeutig, widersprüchlich oder unverständlich sind.

Ist dies der Fall, kann das Verzeichnis der Zutaten, auch wenn es richtig und vollständig ist, in bestimmten Fällen gleichwohl nicht geeignet sein, einen falschen oder missverständlichen Eindruck des Verbrauchers bezüglich der Eigenschaften eines Lebensmittels zu berichtigen, der sich aus den anderen Elementen der Etikettierung dieses Lebensmittels ergibt.

Lassen die Etikettierung eines Lebensmittels und die Art und Weise, in der sie erfolgt, insgesamt den Eindruck entstehen, dass dieses Lebensmittel eine Zutat enthält, die tatsächlich nicht darin vorhanden ist, ist eine solche Etikettierung daher geeignet, den Käufer über die Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen.

Bei dieser Prüfung hat das vorlegende Gericht u.a. die verwendeten Begriffe und Abbildungen sowie Platzierung, Größe, Farbe, Schriftart, Sprache, Syntax und Zeichensetzung der verschiedenen Elemente auf der Verpackung des Früchtetees zu berücksichtigen.

Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür in der durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass es mit ihnen nicht vereinbar ist, dass die Etikettierung eines Lebensmittels und die Art und Weise, in der sie erfolgt, durch das Aussehen, die Bezeichnung oder die bildliche Darstellung einer bestimmten Zutat den Eindruck des Vorhandenseins dieser Zutat in dem Lebensmittel erwecken können, obwohl sie darin tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten auf der Verpackung des Lebensmittels ergibt. (EuGH vom 04.06.2015, C195/14 Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. gegen Teekanne GmbH & Co KG)