Wird ein Produkt als „naturrein" bezeichnet, so erwartet jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, dass das Produkt „naturbelassen" sei. Von einem „naturbelassenen" Produkt kann nicht mehr gesprochen werden, wenn das Produkt - wie das Sauerkraut im Fall der Entscheidung 4Ob316/86 - chemisch behandelt wurde, um es haltbar zu machen. Gleiches muss auch dann gelten, wenn zwar nicht das Endprodukt, aber ein Zusatzstoff chemisch behandelt wurde, um eine im unbehandelten Zustand nicht gegebene, für das Produkt aber notwendige oder jedenfalls gewünschte Eigenschaft zu erhalten.

Genau dies geschieht im vorliegenden Fall. Die Beklagte setzt ihrer Salatsauce Stärke zu, um eine bestimmte Konsistenz zu erreichen. Da das gewünschte Ergebnis nicht erreicht wird, wenn naturbelassene Stärke zugesetzt wird, verwendet die Beklagte als Stabilisator „modifizierte" Stärke. „Modifizierte Stärken" sind nach der Begriffsbestimmung des §2 Abs. 1 lit q der Zusatzstoffverordnung (ZuV), BGBl II 1998/383, Stoffe, die durch ein- oder mehrmalige chemische Behandlung aus essbaren Stärken gewonnen werden. Die essbaren Stärken werden einer physikalischen oder enzymatischen Behandlung unterzogen und durch Säure- oder Alkalibehandlung dünnkochend gemacht oder gebleicht. „Modifizierte Stärke" ist damit nicht „naturbelassen" und darf daher auch nicht als „naturrein" bezeichnet werden. Für das Endprodukt - die Salatsauce - kann nichts anderes gelten. Sind ihm Stoffe zugesetzt, die chemisch verändert und daher nicht mehr „naturbelassen" sind, so ist auch das Endprodukt nicht „naturrein" im Sinne der Erwartung eines nicht unbeträchtlichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise und die Angabe „naturrein" damit zur Irreführung geeignet. (OGH vom 29.11.2005, 4Ob200/05y)