Leitlinie zur Beurteilung der technologischen Wirksamkeit von Zusatzstoffen in Brot, Gebäck und feinen Backwaren

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BMGF-75210/0009-II/B/13/2017 vom 27.2.2017

 

 

  1. EINLEITUNG
    Bei der Herstellung von Backwaren werden üblicherweise neben den notwendigen Rohstoffen je nach Produkt noch weitere Zutaten verwendet. Dabei werden auch Stoffe mit dem Zweck eingesetzt, eine technologische Funktion während einzelner Phasen der Herstellung oder im Endprodukt auszuüben.

    Vielfach kommt es auch vor, dass die den Charakter des Produktes bestimmenden Zutaten, mit weiteren Stoffen vorgemischt eingesetzt werden. Backmittel sind Vormischungen, die mit der Absicht vorbereitet werden, die Herstellung von Backwaren einfacher zu machen, Rohstoffschwankungen auszugleichen und die Qualität der Backwaren zu verbessern. 

    Backmittel sind in der Liste der Lebensmittelkategorien der VO (EG) 1333/2008 idgF. nicht genannt und dürfen im Sinne des „Reverse Carry Over“ Zusatzstoffe nur enthalten, wenn sie im fertigen Lebensmittel zugelassen sind. 

    Die Leitlinie beschreibt die technologische Wirkung der Zusatzstoffe bei branchenüblicher Verwendung auf verschiedenen Vermarktungsstufen (Teiglinge, Brot- und Kleingebäck, feine Backwaren). 

    Technologische Wirksamkeit umfasst alle Wirkungen, die Gegenstand der Lebensmitteltechnologie sind, also geschmackliche, geruchliche, optische, akustische, haptische, organoleptische und auch technologische Wirkungen im engeren Sinne wie Verlängerung der Haltbarkeit und Stabilität von Emulsionen (Voit/Grube, LMIV Art. 20 Rz. 17). 

    Bei der Beurteilung der technologischen Wirkung ist auf die Form des Inverkehrbringens Rücksicht zu nehmen. Die Herstellung von Backwaren ist ein zweistufiger Prozess. 
    Backwaren werden einerseits als essfertige Erzeugnisse, andererseits aber auch als Halbfertigprodukte in Form von Teiglingen, die erst noch fertig gebacken werden müssen, angeboten. Zusatzstoffe wirken während einzelner Phasen der Herstellung von der Zubereitung des Teiges bis zum Ausbacken. So können einzelne Zusatzstoffe ihre Wirkung nur in der Phase der Teigbereitung entfalten und erleichtern die Verarbeitung des Teiges, ohne eine technologische Wirkung im fertig ausgebackenen Erzeugnis auszuüben. Im Einzelfall entscheidet die eingesetzte Menge darüber, wo die technologische Wirkung zu erwarten ist.

    Unter „branchenüblicher Verwendung“ wird jene Dosierung von Zusatzstoffen verstanden, die für den entsprechenden Verwendungszweck (Klassenname) notwendig ist und keine andere Zutat vortäuscht. Üblicherweise legt der Hersteller Dosierungsangaben unter Berücksichtigung der Höchstgehalte der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 idgF. über Lebensmittelzusatzstoffe fest. Diese sind einzuhalten. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bezieht sich ausdrücklich auf Standardanwendungen und -dosierungen.

    Faustregel: Die technologische Wirkung eines Zusatzstoffes ist jedenfalls gegeben, wenn dieser im Endprodukt eine farb- oder geschmacksgebende Wirkung bzw. eine andere erkennbare sensorische oder konservierende Wirkung ausübt. Bei Fleischerzeugnissen, die Backwaren als Auflage oder Füllung beigegeben werden, sind konservierende und antioxidierende Zusatzstoffe stets als technologisch wirksam zu betrachten (ggf. ausgenommen bei Tiefkühlerzeugnissen). 

    Erklärung zu den Tabellen:
    In der linken Seite der Tabelle sind die Zusatzstoffe mit ihrer E-Nummer, Bezeichnung und ihrem Klassennamen angeführt. Im mittleren Teil der Tabelle ist die technologische Wirkung festgehalten. In der Spalte „Bemerkungen“ sind weitere allfällig Hinweise bzw. Erklärungen angeführt. 
  2. TABELLEN DER EINGEBRACHTEN ZUSATZSTOFFE 
    Die in den nachfolgenden Tabellen angeführten Zusatzstoffe stellen eine Auflistung der üblicherweise verwendeten Zusatzstoffe dar. 
    Die technologische Wirksamkeit üblicherweise verwendeter, aber nicht angeführter Zusatzstoffe befindet sich noch in Diskussion, die Tabelle kann im Anlassfall ergänzt werden.

    Tabelle 1:
    Liste der bei der Herstellung von Brot und Kleingebäck über zusammengesetzte Zutaten
    eingebrachten Zusatzstoffe und ihre technologische Wirkung im Endprodukt
    Lebensmittelzusatzstoff technologische
    Wirkung
    Bemerkung
    E-Nr. Bezeichnung Klassenname Teiglinge Brot / Klein-
    gebäck
     
    E 322 Lecithine Emulgator ja nein1) 1) sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 471 Mono- und Diglyceride
    von Speisefettsäuren
    Emulgator /
    Stabilisator
    ja ja2) 2) im fertigen Gebäck wirkt der Zusatzstoff
    überwiegend als Frischhaltemittel, indem er die
    Stärkekristallisation (Retrogradation) verzögert
    E 472e Mono. und Diacetyl-
    weinsäureester von
    Mono- und Diglyceriden
    von Speisefettsäuren
    Emulgator  ja  nein1) 1) sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 472f Gemischte Essig- und 
    Weinsäureester von 
    Mono- und Diglyceriden
    von Speisefettsäuren
    Emulgator ja nein1) 1) sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 481 Natriumstearoyl-2-lactylat Emulgator / 
    Stabilisator
    ja ja2) 2) im fertigen Gebäck wirkt der Zusatzstoff
    überwiegend als Frischhaltemittel, indem er die
    Stärkekristallisation (Retrogradation) verzögert
    E 482 Calciumstearoyl-2-lactylat Emulgator / 
    Stabilisator
    ja ja2) 2) im fertigen Gebäck wirkt der Zusatzstoff
    überwiegend als Frischhaltemittel, indem er die
    Stärkekristallisation (Retrogradation) verzögert
    E 200 -
    E 203
    Sorbinsäure,
    Kaliumsorbat,
    Calciumsorbat
    Konservierungsstoff ja ja3) 3) sofern im Endprodukt eine
    konservierende Wirkung vorliegt
    E 280 -
    E 283
    Propionsäure,
    Natriumpropionat,
    Calciumpropionat,
    Kaliumpropionat
    Konservierungsstoff ja ja3) 3) sofern im Endprodukt eine
    konservierende Wirkung vorliegt
    E 260 Essigsäure Säuerungsmittel ja ja  
    E 334 Weinsäure (L+) Säuerungsmittel ja ja  
    E 270 Milchsäure Säuerungsmittel ja ja  
    E 330 Citronensäure Säuerungsmittel ja ja  
    E 170 Calciumcarbonat Trennmittel nein nein  
    E 262 Natriumacetate Säureregulator ja nein4) 4)nur wenn sensorisch nicht wahrnehmbar,
    sonst Wirkung als Säuerungsmittel
    E 263 Calciumcetat Säureregulator ja nein4) 4)nur wenn sensorisch nicht wahrnehmbar,
    sonst Wirkung als Säuerungsmittel
    E 410 Johannisbrotkernmehl Verdickungsmittel ja ja  
    Stabilisator ja nein1) 1)sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 412 Guarkernmehl Verdickungsmittel ja ja  
    Stabilisator ja nein1) 1)sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 463 Hydroxypropylcellulose Verdickungsmittel ja ja  
    Stabilisator ja nein1) 1)sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 464 Hydroxypropylmethyl-
    cellulose
    Verdickungsmittel ja ja  
    Stabilisator ja nein1) 1)sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    E 466  Natrium-
    Carboxymethylcellulose,
    Cellulosegummi
    Verdickungsmittel ja  ja  
        Stabilisator ja nein1) 1)sofern keine Frischhaltewirkung
    im fertigen Gebäck erzielt wird
    ANMERKUNG: Bewertung, ob die technologische Wirkung JA/NEIN den Regelanwendungsfall
    beschreibt; eine Abweichung im Einzelfall ist mögloch
    Tabelle 2:
    Liste der bei der Herstellung von Backwaren aus Back- und Streichfetten eingebrachten
    Zusatzstoffe und ihre technologische Wirkung im Endprodukt
    Lebensmittelzusatzstoff technologische Wirkung
    nach Produktgruppen
    Bemerkung
    E-Nr. Bezeichnung Klassenname Margarine
    in Back-
    waren
    Margarine
    in Creme-
    füllungen
    Siedefette
    in Back-
    waren
     
    E160a Carotin Farbstoff nein ja5) nein 5) bei "weißen" Cremen
    E 330 Citronensäure Säureregulator nein nein nein  
    E 270 Milchsäure Säureregulator nein nein nein  
    E 200 -
    E 203
    Sorbinsäure,
    Kaliumsorbat,
    Calciumsorbat
    Konser-
    vierungsstoff
    nein ja3) nein 3)sofern im Endprodukt
    eine konservierende
    Wirkung vorliegt
    E 322 Lecithine Emulgator nein ja  nein  
    E 471 Mono- und 
    Diglyceride
    von Speise-
    fettsäuren
    Emulgator nein ja nein  
    E 307 - 
    E 309
    Alpha-
    Tocopherol
    Gamma-
    Tocopherol
    Delta-
    Tocopherol
    Antioxidations-
    mittel
    nein  ja nein  
    ANMERKUNG: Bewertung, ob die technologische Wirkungs JA/NEIN den Regelfall beschreibt;
    eine Abweichung im Einzelfall ist möglich.
    Tabelle 3:
    Liste der bei der Herstellung von feinen Backwaren über zusammengesetzte Zutaten eingebrachten
    Zusatzstoffe und ihre technologische Wirkung im Endprodukt
    Lebensmittelzusatzstoff technologische
    Wirkung
    Bemerkung
    E-Nr. Bezeichnung Klassenname Teige und
    Massen
    Feine Back-
    waren aus
    Teigen und
    Massen
     
    E 220 -
    E 228
    Schwefeldioxid
    Natriumsulfit
    Natriumhydrogensulfit
    Natriummetabisulfit
    Kaliummetabisulfit
    Calciumsulfit
    Calciumhydrogensulfit
    Kaliumhydrogensulfit
    Antioxidations-
    mittel
    ja nein6) 6)keine technologische Wirkung,
    falls Zutat homogen in der Masse
    verteilt ist technologische
    Wirkung, wenn Zusatz in einer als 
    Auflage oder Dekor engesetzten
    Zutat eingebracht wird
    E 300 Ascorbinsäure Antioxidations-
    mittel
    ja nein6) 6)keine technologische Wirkung,
    falls Zutat homogen in der Masse
    verteilt ist technologische
    Wirkung, wenn Zusatz in einer als 
    Auflage oder Dekor engesetzten
    Zutat eingebracht wird
    E 322 Lecithine Emulgator ja nein1) 1)sofern keine Frisch-
    haltewirkung im fertigen Gebäck 
    erzielt wird
    E 470a Natrium-, Kalium- und
    Calciumsalze der 
    Speisefettsäuren
    Emulgator ja nein1) 1)sofern keine Frisch-
    haltewirkung im fertigen Gebäck 
    erzielt wird
    E 471 Mono- und Diglyceride
    von Speisefettsäuren
    Emulgator ja nein1) 1)sofern keine Frisch-
    haltewirkung im fertigen Gebäck 
    erzielt wird
    E 472a - 
    E 472f
    Ester von Mono- und
    Diglyceriden von
    Speisefettsäuren:
    Eissgsäureester
    Milchsäureester
    Citronensäureester
    Weinsäureester
    Mono- und Diacetyl-
    weinsäureester von
    Mono- und 
    Diglyceriden von 
    Speisefettsäuren
    Gemischte Essig- und 
    Weinsäureester von 
    Mono- und 
    Diglyceriden von
    Speisefettsäuren
     Emulgator ja nein1) 1)sofern keine Frisch-
    haltewirkung im fertigen Gebäck 
    erzielt wird
    E 270 Milchsäure Säuerungsmittel ja ja  
    E 327 Calciumlactat Säuerungsmittel ja ja  
    E 330 Citronensäure Säuerungsmittel ja ja  
    E 331 - 
    E 333
    Natriumcitrate
    Kaliumcitrate
    Calciumcitrate
    Säureregulator ja nein4) 4)nur wenn sensorisch
    nicht wahrnehmbar.
    sonst Wirkung als 
    Säuerungsmittel
    Säuerungsmittel ja ja  
    E 334 Weinsäure (L+) Säuerungsmittel ja ja  
    E 335 -
    E 337
    Natriumtartrate
    Kaliumtartrate
    Natrium-Kaliumtartrat
    Antioxidations-
    mittel
    ja nein  
    Säuerungsmittel ja ja  
    E 339 - 
    E 340
    Natriumphosphat,
    Kaliumphosphat
    Säureregulator ja nein4) 4)nur wenn sensorisch
    nicht wahrnehmbar.
    sonst Wirkung als 
    Säuerungsmittel
    E 341 Calciumphosphat Säureregulator ja nein4) 4)nur wenn sensorisch
    nicht wahrnehmbar.
    sonst Wirkung als 
    Säuerungsmittel
    Trennmittel nein nein  
    E 354 Calciumtartrat Säuerungsmittel ja ja  
    E 450 Diphosphate Säuerungsmittel ja ja  
    Säureregulator ja nein4) 4)nur wenn sensorisch
    nicht wahrnehmbar.
    sonst Wirkung als 
    Säuerungsmittel
  3. TECHNOLOGISCHE WIRKUNG IM ENDPRODUKT BEI FÜLLUNGEN, GLASUREN, AUFLAGEN UND DEKORS BEI FEINEN BACKWAREN
    Die Gruppe der möglichen Füllungen, Glasuren, Auflagen und Dekors für Backwaren bzw. feine Backwaren ist auf Grund der Struktur der Zusatzstoffverordnung (VO (EU) 1333/2008 idgF.) zu heterogen, um eine Liste von Zusatzstoffen anzugeben und ihre allfällige technologische Wirkung im Endprodukt anzuführen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Zusatzstoff in einer Füllung, in einer Glasur, Auflage oder im Dekor im Endprodukt noch eine technologische Wirkung ausübt oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab und muss daher das Ergebnis einer Einzelfallentscheidung sein.
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