Richtlinie über Ausstattung und Prüfung von Erhitzereinrichtungen zur Pasteurisierung von Rohmilch am Hof, Durchflusspasteur

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BMGF-75210/0015-II/B/13/2017 vom 26.7.2017

 

 

  1. AUSSTATTUNG
    Die zur Prüfung eingereichte Erhitzeranlage muss eine Typbezeichnung aufweisen und zur eindeutigen Identifizierung mit einer Seriennummer ausgestattet sein.
    1. Regelung der Erhitzungstemperatur
      Die Erhitzeranlage ist zur Konstanthaltung der Erhitzungstemperatur für die Herstellung von:
      1. Kurzzeiterhitzter Milch zwischen mindestens 72,0 °C und 75,0 °C über eine Heißhaltezeit von 15 bis 40 s oder hocherhitzter Milch, zwischen 85,0 °C und 88,0 °C über eine Heißhaltezeit von maximal 6 s, mit einer automatisch wirksamen Temperaturregelung auszustatten.
      2. Die Regelschwankung darf nicht mehr als ± 1,0 °C betragen.
      3. Der Temperaturfühler des Reglers ist in die Milchleitung unmittelbar am Austritt aus der Erhitzerabteilung einzubauen.
      4. Am Einbauort des Fühlers muss turbulente Strömung herrschen (Re > 2300).
      5. Der Gesamtfehler der Regeleinrichtung darf im Bereich der Erhitzungstemperatur 1,0 °C nicht übersteigen. Als Temperaturmesselemente sind ausschließlich Systeme zu verwenden, deren Messgenauigkeit mindestens einem Pt 100 der Messklasse A nach DIN IEC 751 entsprechen.
      6. Die Messgenauigkeit der verwendeten Temperaturfühler muss während des Betriebes mit Messeinrichtungen kontrollierbar sein (z.B. über Messtaschen für Kontrollthermometer nach DIN 11481 in der Nähe der Fühlereinbaustelle).
      7. Die Übergangszeit t0,5 des Temperaturmesssystems (VDE/VDI Richtlinie 3522) muss < 4 s betragen. 
    2. Temperaturaufzeichnung
      • Die Erhitzeranlage ist mit einem Registriersystem zur Erfassung der Erhitzungstemperatur auszustatten.
      • Die Temperaturanzeige am Regler darf bei Verwendung von analogen Schreibern um nicht mehr als 0,5 °C von der Aufzeichnung abweichen.
      • Aus der Aufzeichnung muss neben der Erhitzungstemperatur auch der Betriebszustand der Erhitzereinrichtung (Stellung des Umschaltventiles: Umlauf – Durchlauf – Reinigung) sowie Beginn und Dauer des jeweiligen Zustandes entnommen werden können.
      • Der Temperaturfühler des Schreibers ist in die Milchleitung unmittelbar am Austritt aus der Heißhalteeinrichtung einzubauen.
      • Am Einbauort des Fühlers muss turbulente Strömung herrschen (Re > 2300).
      • Die Messgenauigkeit der verwendeten Temperaturfühler muss während des Betriebes mit Messeinrichtungen kontrollierbar sein (z. B. über Messtaschen für Kontrollthermometer nach DIN 11481 in der Nähe der Fühlereinbaustelle).
      • Der Gesamtfehler der Einrichtung in Bezug auf die angezeigten und aufgezeichneten Temperaturen darf 1,0 °C nicht überschreiten.
      • Die Übergangszeit t0,5 des Temperaturmesssystems (VDE/VDI Richtlinie 3522) muss < 4 s betragen.
      • Das Aufzeichnungspapier muss den Gesamttemperaturbereich unter Berücksichtigung des jeweiligen Erhitzerverfahrens wie die laut Betriebsanleitung vorgesehene Reinigungstemperatur aufweisen, wobei die Temperaturlinien im Abstand von höchstens 2 °C bei mindestens 1 mm/°C sein müssen.
      • Der Vorschub des Aufzeichnungspapiers muss mindestens 30 mm/h betragen.
      • Das Messintervall muss im Falle der binären Messwerterfassung ≤ 6 s betragen.
      Zum Aufzeichnen der Temperaturen und Betriebszustände können Linienschreiber, Kreisblattschreiber, Punktdrucker, Protokolldrucker sowie elektronische Datenspeicher eingesetzt werden, wobei eine maximale Intervallzeit für den Registriervorgang von 6 s nicht überschritten werden darf. 
    3. Sicherheitsschaltung zur Verhinderung unzulässiger Erhitzungstemperaturen
      • Der Durchflusspasteur muss mit einer Umschalteinrichtung mit Leckagefunktion ausgestattet sein, die bei Unterschreitung der Mindesterhitzungstemperatur die Umlenkung der unzureichend erhitzten Flüssigkeit von Durchlauf auf Umlauf ermöglicht.
      • Tritt eine Unterschreitung der Mindesterhitzungstemperatur auf, muss ein Grenzwertgeber eine Umschaltung der vorstehenden Einrichtung auslösen.
      • Die Einrichtung ist so auszuführen, dass bei Ausfall der zur Schaltung benötigten Hilfsenergie, diese zwangsweise in die Umlaufposition gestellt wird.
      • Der Zeitraum zwischen Unterschreitung der Mindesterhitzungstemperatur und Beendigung des Sicherheitsschaltvorganges muss ≤ 6 s sein.
    4. Sicherheitsschaltung zur Verhinderung einer unzulässigen Vermischung von pasteurisierter mit nicht pasteurisierter Milch 
      Diese Anforderung muss erfüllt werden, wenn die Erhitzereinrichtung über einen regenerativen Wärmeübertrager verfügt. 

      Es ist eine Schutzeinrichtung zur Verhinderung der Vermischung von pasteurisierter Milch mit unzureichend erhitzter Milch vorzusehen.

      Diesem Erfordernis wird unter Bezug auf den Stand der Technik durch Installation eines der nachfolgend angeführten Schaltungs- bzw. Kontrollsysteme Rechnung getragen: 
      • Installation eines Wasserkreislaufes zwischen Vorlauf- und Rücklaufseite der Wärmerückgewinnabteilung, sodass der unmittelbare Wärmetausch zwischen jeweils dem Wasserkreislauf und dem vor- bzw. rücklaufseitigem Milchweg erfolgt (Wasserschaukel). Der Druck im Wasserkreislauf ist dabei so einzustellen, dass er ständig unter dem Druckniveau der milchführenden Wärmeübertragerseite liegt. Dies muss durch entsprechende Einrichtungen vom Betreiber kontrolliert werden können.
      • Installation entsprechender Einrichtungen zur Erzielung einer positiven Druckdifferenz von mindesten 0,5 bar zwischen der Rücklauf- und der Vorlaufseite der Wärmerückgewinnabteilung (Drucksteigerungspumpe in Verbindung mit einem Druckregel- bzw. Druckhalteventil).
      • Verwendung von Leckageplatten bei der Ausrüstung der Wärmerückgewinnabteilung.
      • Kontrolle der Dichtheit der Wärmerückgewinnabteilung vor Betriebsbeginn durch Erzeugung eines statischen Differenzdruckes von mindestens 0,5 bar zwischen Rücklauf- und Vorlaufseite der Wärmerückgewinnabteilung (Druckprobe). Die aufgebaute Druckdifferenz darf innerhalb einen Zeitraumes von 30 min, um nicht mehr als 0,1 bar absinken.
      • Andere gleichwertige Einrichtungen, die entsprechend den angeführten Sicherheitseinrichtungen bezüglich Minimierung des Kontaminationsrisikos, als geeignet betrachtet werden können.
    5. Signaleinrichtung und Aufzeichnung der Sicherheitsschaltfunktion
      Im Falle der Unterschreitung der Mindesterhitzungstemperatur muss neben der Stellungsanzeige der Umschalteinrichtung am Aufzeichnungspapier unmittelbar ein akustisches Signal abgegeben werden. Beide Signale müssen unmittelbar vom Schaltvorgang der Umschalteinrichtung ausgelöst werden. Die akustische Signaleinrichtung muss mit einer Rückstellmöglichkeit ausgestattet sein. 

      Die Wirksamkeit der Schutzeinrichtung gegen das Vermischen von pasteurisierter Milch mit Rohmilch ist laufend zu kontrollieren und zu dokumentieren. Dies kann unter Bezug auf die im Punkt 4 angeführten Installationsvarianten wie folgt durchgeführt werden:
      • Schaffung der Möglichkeit einer laufenden Kontrolle des Wasserzustandes im Wasserkreislauf hinsichtlich Trübung durch Einbau eines geeigneten Schauglases in diesem.
      • Laufende Aufzeichnung des zwischen der Vorlauf- und Rücklaufseite des Austauscherpaketes festgestellten Differenzdruckes und Aktivierung eines Alarms bei Unterschreitung des Differenzdruckes von 0,5 bar. Als „laufende Aufzeichnung“ gilt auch, wenn während des Erhitzerbetriebes der Differenzdruck vom Betreiber kontrolliert und mindestens zu Beginn und am Ende des Erhitzungsprozesses dokumentiert wird.
      • Kontrolle des Austauscherpaketes auf eventuell aus den Leckageplatten austretende Flüssigkeiten.
      • Kontrolle und Aufzeichnung der Druckhaltung im milchseitigen Austauscherteil vor jeder Inbetriebnahme.
      • Kontrolle entsprechend der im Prüfverfahren der Eignungsprüfung kontrollierten Methode.
    6. Erhitzungseffekt
      Die pasteurisierte Milch muss im Falle der Kurzzeiterhitzung im Phosphatasetest eine negative und im Peroxidasetest eine positive, im Falle der Hocherhitzung im Peroxidasetest eine negative Reaktion, zeigen. Es darf in keinem Fall ein Kochgeschmack in der erhitzten Milch auftreten.
    7. Strömungsart in den Abteilungen
      Es muss sichergestellt sein, dass die Strömung turbulent ist. Dies ist in Plattenapparaten in der Regel der Fall, wenn die Strömungsgeschwindigkeit > 0,1 m/s liegt.
    8. Prüfdauer 
      Die Prüfdauer der Erhitzeranlage darf bei Verwendung von Rohmilch unter Bezug auf die Nennleistung der Anlage drei Stunden nicht unterschreiten.
    9. Apparatedichtheit
      Die Milchwege in den Erhitzerabteilungen müssen so abgedichtet sein, dass auch bei geschlossenem Austrittsventil und aktivierter Milchvorlauf- bzw. Drucksteigerungspumpe kein Milchaustritt erfolgt.
    10. Reinigbarkeit der Anlage im CIP-Verfahren
      Alle milchberühren Anlagenteile sind so auszuführen, dass diese leicht und zuverlässig im Durchfluss unter Zuhilfenahme geeigneter Mittel, bei Einhaltung der Dosierempfehlung, gereinigt und desinfiziert werden können. Die zu kontrollierenden Anlagenteile sind so zu gestalten, dass diese leicht demontiert und wieder zusammengefügt werden können. Die Konstruktion der Erhitzereinrichtung muss ein vollständiges Austragen von Reinigungsmitteln aus der Anlage durch nachströmendes Spülwasser ermöglichen.
    11. Materialien und hygienische Ausführung der milchberührten Anlagenteile
      Die milchberührten Anlagenteile müssen aus lebensmittelrechtlich zugelassenen Werkstoffen hergestellt sein, dürfen die Milch nicht nachteilig beeinflussen und müssen sich leicht reinigen lassen. Dieser Forderung wird entsprochen, wenn in der Lebensmittelwirtschaft übliche Materialien wie CrNi-Stähle, Dichtungen aus EPDM, Silikon bzw. gleichwertige Materialien verwendet werden (entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 und der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 idgF).
    12. Montage-und Betriebsanleitung
      Die Erhitzereinrichtung ist mit einer verständlichen Montage- und Betriebsanleitung in deutscher Sprache auszustatten. Diese hat Hinweise zur anlagengerechten Aufstellung, sicheren Betriebsweise, zur Reinigung und Wartung der Anlage zu enthalten.
  2. PRÜFUNG 
    1. Allgemeine Anforderungen 
      Zur Überprüfung der Erhitzereinrichtung sind die zur Beurteilung der Anlage erforderlichen Unterlagen wie: Betriebs- und Bedienungsanleitung, Anlagenbeschreibung, Plattenschaltplan, Planskizzen, technische Unterlagen von Schreiber und Regler sowie die Materialbeschreibung aller milchberührten Anlagenteile der Prüfstelle vorzulegen.
    2. Spezielle Anforderungen
      1. Überprüfung der Mess- und Regeleinrichtung
        Die Mess- und Regeleinrichtung für die Erhitzungstemperatur ist auf Einhaltung der angeführten Toleranzen zu überprüfen.
      2. Überprüfung der Temperaturaufzeichnung
        Die Einrichtung zur Aufzeichnung der Erhitzungstemperatur ist auf die Einhaltung der angeführten Toleranzen zu überprüfen.
      3. Überprüfung der Sicherheitsschaltung zur Verhinderung unzulässiger Erhitzungstemperaturen
        Die Sicherheitsschaltung ist auf die Einhaltung der angeführten Anforderungen zu überprüfen.
      4. Überprüfung der Sicherheitsschaltung zur Verhinderung einer unzulässigen Vermischung von pasteurisierter mit nicht pasteurisierter Milch 
        Die in der jeweiligen Variante angeführten Sicherheitsbedingungen sind zu überprüfen.
        Basiert die Sicherheitsschaltung auf der Erzielung und Einhaltung einer Druckdifferenz zwischen milch/milchseitigem Wärmetauschbereich, sind die jeweiligen Drücke zu überprüfen.
        Alle anderen Sicherheitssysteme sind hinsichtlich ihrer Verwendungseignung zu kontrollieren.
      5. Überprüfung der Signaleinrichtung und Aufzeichnung der Sicherheitsschaltfunktion
        Die Signaleinrichtung der Sicherheitsschaltung wie die damit in Zusammenhang stehenden Aufzeichnungen sind auf die Einhaltung der angeführten Anforderungen hinsichtlich ihrer zuverlässigen Funktion zu überprüfen.
      6. Überprüfung des Erhitzungseffektes
        Die enzymatische Überprüfung des Erhitzungseffektes ist durch Milchproben unmittelbar nach Abschluss des Erhitzungs- und Kühlvorganges durchzuführen. 
      7. Überprüfung der Fließgeschwindigkeit in den Abteilungen und der Strömungsart 
        Zur Kontrolle der Strömungsverhältnisse in der zu erhitzenden Milch ist unter Bezug auf den als Nennleistung der Erhitzeranlage festgelegten Volumenstrom, die Fließgeschwindigkeit und die Strömungsart zu ermitteln.
      8. Prüfdauer
        Während der gesamten Prüfdauer sind die Erhitzungstemperatur und der Volumenstrom kontinuierlich aufzuzeichnen. Aus den ermittelten Daten muss ersichtlich sein, dass über die Einsatzzeit von drei Stunden hinaus, noch ein Erhitzerbetrieb möglich gewesen wäre.
      9. Überprüfung der Apparatedichtheit 
        Die Dichtheit der Erhitzeranlage ist mit Hilfe eines Abdrückversuches zu überprüfen.
      10. Überprüfung der Reinigbarkeit der Anlage im CIP Verfahren 
        Nach mindestens drei Stunden Betriebszeit ist die Erhitzereinrichtung unter Berücksichtigung der vom Hersteller angegebenen Reinigungsvorschriften im geschlossenen Verfahren (CIP) zu reinigen. Nach der Reinigung sind die milchberührten Anlagenteile einer visuellen Kontrolle zu unterziehen. Die kontrollierten Flächen müssen nach dem Reinigungsvorgang frei von Belägen jeder Art sein.
      11. Überprüfung der verwendeten Materialien und der hygienischen Ausführung der produktführenden Anlagenkomponenten
        Die Ausführung der milchführenden Anlagenteile ist unter Berücksichtigung der einschlägigen Norm für die Gestaltung von Nahrungsmittelmaschinen (EN 1672-2 Allgemeine Gestaltungsleitsätze, Teil 2 Hygieneanforderungen) zu überprüfen.
      12. Überprüfung der Montage- und Betriebsanleitung
        Es ist zu prüfen, ob die Montage- und Betriebsanleitung der ordnungsgemäßen Funktion und sicheren Betriebsweise der Erhitzeranlage dient.
      13. Zusammenfassende Beurteilung 
        Nach Überprüfung ist ein Gutachten durch eine unabhängige sach- und fachkundige Person zu erstellen. Aus diesem Gutachten muss abgeleitet werden können, ob die Erhitzeranlage den gestellten Anforderungen entspricht und zur Pasteurisierung von Rohmilch zugelassen werden kann.

        Werden bei der geprüften Erhitzereinrichtung nachträgliche Änderungen vorgenommen, die auf die Überprüfungsergebnisse wesentlichen Einfluss ausüben können, ist eine neuerliche Prüfung erforderlich. 
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