Leitlinie Feststellung der Eignung für die grobsinnliche Prüfung der äußeren Beschaffenheit von Trinkwasser

Veröffentlicht mit Erlass:
BMG-75210/0015-II/B/13/2012 vom 24.07.2012

 

 

Präambel

Diese Leitlinie soll akkreditierten Prüf-und Inspektionsstellen als Hilfestellung dienen, eine Arbeitsanweisung zur Feststellung der Eignung von MitarbeiterInnen (= PrüferInnen) für die grobsinnliche Prüfung der äußeren Beschaffenheit von Trinkwasser zu verfassen.

Gemäß Trinkwasserverordnung und ÖLMB Kapitel B1 „Trinkwasser“ sind unter anderem die sensorischen Parameter Geruch, Geschmack, Färbung und Trübung Parameter mit Indikatorfunktion, die bei Wasseruntersuchungen zu prüfen sind. Die Indikatorparameterwerte lauten jeweils: „Für den Verbraucher annehmbar und ohne anormale Veränderung“.

Methoden, Spezifikationen für die Analyse und Verfahrenskennwerte sind in den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen nicht definiert.

Die European Co-operation for Accreditation definiert in der EA-4/09, „Accreditation for Sensory Testing Laboratories“, die grundlegenden Voraussetzungen für die Akkreditierung von sensorischen Methoden gemäß EN ISO/IEC 17025. Die EA-4/09 ist aber aus nachstehenden Gründen auf Trinkwasser nur stark eingeschränkt anwendbar:

  • Trinkwasser unterscheidet sich grundlegend von anderen Lebensmitteln hinsichtlich der Sensorik insofern, als bei Trinkwasser das Fehlen auffälliger, sensorisch wahrnehmbarer Eigenschaften gefordert wird, während bei den meisten anderen Lebensmitteln spezifische sensorische Charakteristika wertbestimmend sind.
  • Aus diesem Grund ist bei Trinkwasser eine Quantifizierung der sensorisch wahrnehmbaren Eigenschaften (z. B. schwach, stark) nicht notwendig.
  • Laut den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen ist die sensorische Prüfung im Rahmen von Untersuchungen vor Ort durchzuführen. Dies allein macht die Umsetzung von Anforderungen gemäß EA-4/09, wie z. B. die Testbedingungen (Umgebung, Räume), Analytik durch Panels praktisch nicht durchführbar.
  • Sensorische Charakteristika im Trinkwasser dienen nicht primär der Wertbestimmung und Charakterisierung des Wassers, sondern viel mehr als Indikatorparameter der Überwachung des Trinkwassers im Hinblick auf eventuelle technische und hygienische Mängel, wofür eine qualitative sensorische Analytik ausreichend ist.
  • In der ÖNORM M 5874 ist lediglich eine grobsinnliche Prüfung von Geruch, Geschmack und Aussehen (scheinbare Färbung und Trübung) gefordert.
  • Methoden und Ergebnisangaben zur Beschreibung der äußeren Beschaffenheit von Wasserproben können gemäß ÖNORM M 6620 erfolgen.

 

Eignungsprüfung bzw. Schulung der PrüferInnen

Für eine grobsinnliche sensorische Prüfung des Trinkwassers gemäß den Anforderungen der TWV kann die ÖNORM M 6620 „Wasseruntersuchung – Methoden und Ergebnisangaben zur Beschreibung der äußeren Beschaffenheit einer Wasserprobe“ als Grundlage herangezogen werden.

Die grundsätzliche Eignung der PrüferInnen zur Durchführung der geforderten sensorischen Bewertung ist festzustellen und in weiterer Folge alle zwei Jahre zu kontrollieren.

 

Geschmack

Zum Erkennen und Beschreiben verschiedener Geschmacksarten werden vier Grundgeschmacksarten süß, salzig, sauer und bitter mit definierten Bezugssubstanzen und Konzentrationen verwendet.

Hierfür kann die DIN 10959 „Bestimmung der Geschmacksempfindlichkeit“ als Orientierung dienen.

Tabelle 1: Referenzlösungen für die Prüfung des Geschmackes

Geschmacksart Referenzlösung
(Konzentration in Leitungswasser)
süß 6g/l Saccharose
salzig 1,3g/l Natriumchlorid
sauer 0,4g/l Zitronensäure
bitter 0,3g/l Coffein

 

Geruch

Zum Erkennen und Beschreiben verschiedener Geruchsarten wird analog vorgegangen. Als Geruchsarten werden Schwefelwasserstoff, Mineralöle, Chlor und erdigmodrig mit definierten Bezugssubstanzen und Konzentrationen verwendet.

Tabelle 2: Referenzlösungen für die Prüfung des Geruches

Geruchsart Konzentration in Leitungswasser
nach H2S 0,5mg/l Na2S
Mineralöl 20 μl/l Dieselöl (homogenisiert),
davon Verdünnung 1:50
Chlor 0,3 mg/l Cl2 (NaClO, 14 % Cl2
erdig-modrig 100 ng/l Geosmin

 

Aussehen

Zur Beschreibung des Aussehens einer Wasserprobe werden Trübungs- und Färbungsstandards verwendet.
Trübung und Färbung können auch analytisch bestimmt werden.

Tabelle 3: Referenzlösungen für die Prüfung des Aussehens (Färbung, Trübung)

Art Konzentration in Leitungswasser
Ohne (Nullprobe) Trinkwasser
Trübungsstandard *) 10 NFU bei ca. 5 cm Schichtdicke
Färbungsstandard **) 20 mg/l Pt bei ca. 5 cm Schichtdicke

*) Trübungsstandard: Stammlösung 400 FNU gemäß EN ISO 7027 (WasserbeschaffenheitBestimmung der Trübung) oder handelsfertige zertifizierte Stammlösung.
**) Färbungsstandard Stammlösung 500 Pt mg/l gemäß EN ISO 7887 (WasserbeschaffenheitUntersuchung und Bestimmung der Färbung) oder handelsfertige zertifizierte Stammlösung.

 

Durchführung der Eignungsprüfung bzw. Schulung für die grobsinnliche Prüfung

Prüfung des Geschmacks und des Geruchs:
Für jede/n PrüferIn werden die Prüflösungen auf insgesamt 10 Prüfgefäße verteilt, also zwei für jede Geschmacks- bzw. Geruchsart und zwei Nullproben (z. B Trinkwasser).

Trübung und Färbung:
Für jede/n PrüferIn werden die Prüflösungen auf insgesamt sechs Prüfgefäße verteilt, also zwei für Trübung bzw. Färbung und zwei Blindlösungen (z. B Trinkwasser).

Die/der PrüferIn hat die Aufgabe, durch optische Betrachtung, Riechen und Schmecken die einzeln und nacheinander dargereichten Prüflösungen zu untersuchen und das Ergebnis in einen Prüfbericht einzutragen.

Die Prüfergebnisse werden als "richtig" oder "falsch" bewertet und für jede/n PrüferIn tabellarisch festgehalten. Aus den Ergebnissen können Rückschlüsse auf eine mögliche eingeschränkte Geschmacks- bzw. Geruchsempfindung bzw. eine Farbblindheit gezogen werden.

Ein/e PrüferIn erfüllt die Anforderungen für eine grobsinnliche Prüfung, wenn sie jeweils zumindest 6 von 10 bzw. 4 von 6 Proben richtig erkennt.

Aufbauend auf dem gleichen Prinzip können bei speziellen Erfordernissen auch Prüfungen weiterer Geruchs- und Geschmacksarten bzw. Färbungen und Trübungen durchgeführt werden.

Allgemeine Verfahrensanweisungen für den/die PrüferIn bei der Schulung:

Ein geeignetes Gefäß (z. B. eine 500-ml-Glasschliff-Flasche) wird mit dem zu untersuchenden Wasser zu etwa zwei Drittel gefüllt, verschlossen und kräftig geschüttelt.
Danach erfolgt die Untersuchung:

  • Geruchsprüfung des Wassers in der Probenflasche (nasal)
  • Optische Betrachtung des Wassers
  • Geschmacksprüfung des Wassers in der Probenflasche (retronasal, gustatorisch)

Riechtechnik

Die Probe wird in der Glasschliff-Flasche kurz geschüttelt und beurteilt.

Vor dem Riechen:

  • in der Früh kein starkes Parfüm, Aftershave usw. verwenden
  • 30 Minuten vorher keine Zigaretten, Kaffee oder aromaintensive Speisen

Während des Riechens:

  • geruchsneutrale Umgebung
  • nichts essen (auch keinen Kaugummi)
  • entspannen
  • „Schnüffeln“
  • jede Probe gleich behandeln – egal ob angenehm oder unangenehm
  • neutralisieren: an sich selbst riechen
  • Probe vor beiden Nasenlöchern hin und her bewegen

Optische Betrachtung

Ein Teil der Probe wird von der Glasschliff-Flasche in ein klares, glattwandiges, farbloses, durchsichtiges Gefäß (z. B. ein Becherglas) mit einer Beobachtungsschichtdicke von 5 cm gefüllt und vor einem geeigneten Hintergrund (weiß/schwarz) beurteilt.

Verkostungstechnik

Ein Teil der Probe wird von der Glasschliff-Flasche in ein sauberes Trinkwasserglas gefüllt und beurteilt.

Vor dem Verkosten:

  • 30 Minuten vorher keine Zigaretten, Kaffee oder aromaintensive Speisen
  • Gründlich neutralisieren (Spülen des Mundes mit geschmacksneutralem Wasser)

Während des Verkostens:

  • Entspannen
  • jede Probe gleich behandeln: Probenmenge, Verweildauer der Probe im Mund
  • Probenmenge: möglichst gleich große Portion

Bezugsnormen

  • DEV B1/2, Prüfung auf Geruch und Geschmack, Qualitative Bestimmung
  • Entwurf ÖNORM M 6620: Wasseruntersuchung – Methoden und Ergebnisangabe zur Beschreibung der äußeren Beschaffenheit einer Wasserprobe
  • DIN 10959: Sensorische Prüfverfahren – Bestimmung der Geschmacksempfindlichkeit
  • EN ISO 7887 (Wasserbeschaffenheit-Untersuchung und Bestimmung der Färbung
  • EN ISO 7027 (Wasserbeschaffenheit-Untersuchung und Bestimmung der Trübung
  • ÖNORM EN 1622, Wasserbeschaffenheit – Bestimmung des Geruchsschwellenwerts (TON) und des Geschmacksschwellenwerts (TFN)
  • ÖNORM M 5874: Wasser für den menschlichen Gebrauch – Anleitung für die Tätigkeit von Inspektionsstellen
  • Trinkwasserverordnung: BGBl. II Nr. 304/2001 idgF
  • ÖLMB Kapitel B1 "Trinkwasser
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