Richtlinie UV-Desinfektionsanlagen in Wasserversorgungsanlagen gemäß Trinkwasserverordnung

Veröffentlicht mit Erlass:
BMGFJ-75210/0021-IV/B/7/2007vom 6.12.2007

 

 

Präambel

Im § 5 "Eigenkontrolle" der Trinkwasserverordnung wird festgehalten, dass eine Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik entsprechend zu errichten, in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und dafür zu sorgen ist, dass eine negative Beeinflussung des Wassers hintangehalten wird.

Gemäß Österreichischem Lebensmittelbuch (Codex), Kapitel B1 "Trinkwasser", Absatz 3.15 müssen Wässer, die in nativem Zustand den mikrobiologischen Anforderungen nicht entsprechen, jedenfalls aber Wässer, die aus Oberflächengewässern und Niederschlagswässern gewonnen werden, desinfiziert werden.
Im Absatz 4.5 ist u.a. die UV-Bestrahlung als zulässiges Verfahren für die Trinkwasserdesinfektion genannt.

 

Anforderung an die UV-Desinfektion

Detaillierte Anforderungen an UV-Desinfektionsanlagen sind im Absatz 4.15 ausgeführt:
Es muss eine reduktionsäquivalente Fluenz (Dosis) von mindestens 400 Joule/m2 bei einer Wellenlänge von 253,7 nm angewandt werden. Bei UVDesinfektionsanlagen, deren zulässiger Betriebsbereich durch eine Typprüfung
gemäß ÖNORM M 5873-1 (2001) oder ÖNORM M 5873-2 (2003) verifiziert wurde und durch eine ÖVGW-Qualitätsmarke zertifiziert ist, kann die Einhaltung der erforderlichen Desinfektionsbedingung vorausgesetzt werden.
Im laufenden Betrieb müssen die Parameter des zulässigen Betriebsbereiches eingehalten werden (Mindest-Referenzbestrahlungsstärke, Wasserdurchfluss, UVDurchlässigkeit des Wassers).

Die historische Entwicklung der UV-Desinfektion in Österreich bzw. der Fluenz (Bestrahlungsdosis), die für UV-Desinfektionsanlagen als notwendig angesehen wurde, ist im Folgenden angeführt:
1955 Beginn der Installationen von UV-Anlagen in öffentlichen Wasserversorgungsanlagen
1983 Erster nationaler Standard in ÖNORM:UV Fluenz ≥ 250 J/m2
1989 ÖLMB (Codex) Kapitel B1: UV Fluenz ≥ 300 J/m2
1993 ÖLMB (Codex) Kapitel B1: UV Fluenz ≥ 400 J/m2
1996 Neue ÖNORM M 5873 (Vornorm)
Anforderungen an UV-Anlagen mit Niederdruckstrahlern inkludiert biodosimetrische Typprüfung, erste Zertifizierungen von kommerziellen UV-Anlagen
2001 Überarbeitete ÖNORM M 5873-1,
einige tausend UV-Anlagen in Betrieb
2002 ÖLMB (Codex) Kapitel B1, Abs. 4.15: UV Fluenz ≥ 400 J/m2,
zulässiger Betriebsbereich soll durch Typprüfung verifiziert und die UV-Anlage zertifiziert sein
2003 ÖNORM M 5873-2,
Anforderungen an UV-Anlagen mit Mitteldruckstrahlern

In den letzen Jahren haben umfangreiche Untersuchungen von UV-Desinfektionsanlagen, unter Anwendung der in der ÖNORM M 5873-1 beschriebenen Biodosimetrie, gezeigt, dass die Berechnungsmodelle der Hersteller, die
eine Fluenz von 400 J/m2 erwarten ließen, falsch waren. Vielfach stellte man bei der biodosimetrischen Prüfung fest, dass die tatsächlichen Leistungen wesentlich geringer waren und daher die UV-Bestrahlung verstärkt werden musste (Reduktion des Durchflusses; höhere Anzahl an UV-Strahlern).

Unter Altanlagen im Sinne dieser Richtlinie versteht man UV-Anlagen, die über keine Typprüfung (gemäß ÖNORM M 5873-1, Ausgabe 1996 bzw. 2001 oder M 5873-2) bzw. über keine ÖVGW Qualitätsmarke verfügen.

Bei Altanlagen ohne Sensor ist keine Kontrolle der ordnungsgemäßen Desinfektionsleistung möglich.
Bei Altanlagen mit einem Sensor, der einen Prozentwert einer unbekannten Größe anzeigt, ist eine nachvollziehbare Überwachung der Desinfektionsleistung nicht möglich. Bei den Anzeigen handelt es sich um Relativwerte, die keinen
Rückschluss auf die Wirksamkeit der Anlage zulassen.

Aufgrund der hohen UV-Empfindlichkeit der Indikatorbakterien (Escherichia coli, Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa und vegetative Clostridien) ist die Abwesenheit dieser Bakterien in der unmittelbar nach einer UV-Desinfektionsanlage entnommenen Probe (in 250 ml) kein ausreichendes Kriterium für die irreversible Inaktivierung von Krankheitserregern wie z.B. humanpathogenen Viren, die eine wesentlich höhere UV-Resistenz als die Indikatorbakterien aufweisen (Abb. 1). Erforderlich ist die Inaktivierung von humanpathogenen Mikroorganismen um 4-Zehner-Potenzen (4 log-Stufen).
Das Auftreten von Indikatorbakterien im Wasser vor UV-Bestrahlung und deren
Abwesenheit unmittelbar nach einer UV-Desinfektionsanlage gibt somit keine Sicherheit, dass eine ausreichende Inaktivierung humanpathogener Mikroorganismen stattgefunden hat.

Diese Fakten führen zu einer Unsicherheit beim Betrieb und bei der hygienischen Bewertung von "Altanlagen (ohne Typprüfung gemäß ÖNORM M 5873)".

Da bei Altanlagen keine Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit vorhanden sind, ist davon auszugehen, dass sie nicht sicher dimensioniert sind. Da auch eine standardisierte Überwachungseinheit für die Desinfektionsleistung fehlt, können sie auch nicht sicher betrieben werden. Diese UV-Anlagen entsprechen nicht dem Stand der Technik. Somit ist eine ausreichende Desinfektion nicht sicher gestellt.

UV Desinfektionsanlagen
Abb. 1. UV-253,7 nm Inaktivierung von Poliovirus, Rotavirus, Modellviren (Bakteriophage MS2, B40-8 und PHIX) sowie Escherichia coli (Sommer et al. 2007, Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft (1/2) 9-14)

 

Mögliche Kriterien für die Bewertung von Altanlagen

Im Hinblick auf die Dringlichkeit des Austausches von Altanlagen werden bei der Bewertung des Gefährdungspotentials folgende Kriterien beachtet:

  • Entsprechen Situation und Konstruktion des Wasserspenders und aller Anlagenteile den hygienischen Anforderungen an eine Trinkwasserversorgungsanlage? (Risikoabschätzung des Einzugsgebietes)
  • Wie war die bakteriologische Wasserbeschaffenheit des nativen und des desinfizierten Wassers der letzten Jahre insbesondere im Hinblick auf eine fäkale Belastung?
  • Liegen ausreichend Daten vor, vor allem auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen, die eine mikrobiologische Beurteilung des Wassers über den Jahresverlauf erlauben?
  • Wird die UV-Desinfektionsanlage regelmäßig gewartet (Eigenkontrolle, Wartung durch Fachfirmen)?
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