8. Zur Irreführung geeignete Informationen

Auch bloß mehrdeutige Ausdrücke können gegen das Wahrheitsgebot verstoßen. Bei Mehrdeutigkeit einer Information muss die verantwortliche Person immer die für sie ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Äußerung tatsächlich in diesem ungünstigen Sinn verstehen kann. Lässt somit eine Information mehrere Deutungen zu, so besagt der Unklarheitengrundsatz, dass jede dieser Deutungen vertretbar und stichhaltig sein muss.

Eine nach Auffassung der Verkehrskreise übliche Bezeichnung, insbesondere eine dem redlichen Handelsbrauch entsprechende Bezeichnung verstößt nicht gegen das gesetzliche Verbot, weil dadurch nicht irrige Vorstellungen erweckt werden.

Die Unterlassung einer vorgeschriebenen Bezeichnung (Kennzeichnung) einer Ware oder der vorgeschriebenen Deklaration stellt für sich noch keine Irreführung dar, sondern einen Verstoß gegen die konkrete Kennzeichnungsvorschrift (z.B. LMKV). Selbst die Verwendung einer verbotenen Bezeichnung (Kennzeichnung) verstößt zunächst nur gegen die konkrete Kennzeichnungsvorschrift und gegen § 5 Abs. 2 LMSVG nur dann, wenn die Information auch zur Irreführung geeignet ist.

Die unzutreffende Bezugnahme auf die geografische Herkunft einer Ware ist nicht nur in Form eines unmittelbaren Herkunftshinweises, sondern auch durch “mittelbare Herkunftsangaben“ (wie etwa Landesfarben, Abbildungen bekannter Bauwerke, Verwendung einer bestimmten Landessprache, Trachten udgl.) denkbar. Die Irreführungseignung kann allerdings durch entlokalisierende Zusätze ausgeschlossen werden, an deren Deutlichkeit aber strenge Anforderungen zu stellen sind. Liegt von vornherein eine entlokalisierte Herkunftsangabe (z.B. Frankfurter, Debreziner, usw.) oder Gattungsbezeichnungen (z.B. Tilsiter, Gouda,...) vor, so scheidet eine Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher aus. Zur Irreführungseignung einer freiwilligen Angabe des Ursprungslandes oder Herkunftsorte einer Ware siehe auch Durchführungsverordnung (EU) 2018/7751). Davon unberührt ist der Schutz für geschützte Ursprungsangaben (g.U.), geschützte geografische Angaben (g.g.A.) und geografische Angaben bei Spirituosen (g.A.).2)3)

1) Durchführungsverordnung (EU) 2018/775 der Kommission vom 28. Mai 2018 mit den Einzelheiten zur Anwendung von Artikel 26 Absatz z 3 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel hinsichtlich der Vorschriften für die Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts der primären Zutat eines Lebensmittels (Text von Bedeutung für den EWR.)
2) Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel
3) Verordnung (EG) Nr. 110/2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89

Wenn verfälschte (§ 5 Abs. 5 Z 3) oder wertgeminderte (§ 5 Abs. 5 Z 4) Lebensmittel in Verkehr gebracht werden, so stellt die damit einhergehende Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher keinen selbstständigen Beanstandungsgrund nach § 5 Abs 2 LMSVG dar.

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