1.8 Verantwortlichkeit des Unternehmers

Zum Beschwerdevorbringen, es bestehe in der P. HandelsgesmbH ein "grundsätzlich wirksames Kontroll- und Weisungssystem der Warenprüfung hinsichtlich ihrer Lebensmitteltauglichkeit" ist der Beschwerdeführer auf die hg. Judikatur zu verweisen, wonach dem strafrechtlich Verantwortlichen zwar zuzubilligen ist, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit guten Grund erwarten lassen. Es trifft ihn aber die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicher zu stellen, dass seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im Einzelnen darzulegen hat. Davon, dass der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hat, kann aber nur dann gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, dass Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw. Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den dargelegten Anforderungen nicht (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2002), S. 105 f, dargestellte hg. Judikatur). (VwGH vom 26.04.2010, 2008/10/0169)

Das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte, mit Strafe bedrohte Verhalten ist im Ergebnis das Inverkehrbringen falsch (hinsichtlich ihrer Haltbarkeit) bezeichneter Lebensmittel. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt dabei ein Begehungsdelikt vor. Tatort ist der Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass für die Verwaltungsübertretung der Beschwerdeführer als nach außen vertretungsbefugtes Organ im Sinne des § 9 VStG einzustehen hat. Begehungsdelikte werden nach der hg. Rechtsprechung nicht dadurch zu Unterlassungsdelikten, dass ein nach außen vertretungsbefugtes Organ für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift verantwortlich ist. Dem nach außen vertretungsbefugten Organ wird in diesen Fällen nicht der Vorwurf gemacht, es habe es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die falsch bezeichnete Ware nicht in Verkehr gebracht werde. Es wird ihm vielmehr der Vorwurf des Inverkehrbringens dieser Ware gemacht (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 2001/10/0257 mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, Zl. 2010/10/0144).

Zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116, vom 26. April 2010, Zl. 2008/10/0169, sowie vom 21. Mai 2012, Zlen. 2009/10/0029 bis 0031, mwN.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, das sich der Unternehmer (Arbeitgeber, strafrechtlich Verantwortliche) aller Belange und Ange-legenheiten persönlich annimmt; es muss ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwartet lassen. Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im Einzelnen darzulegen hatte. Davon, dass der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hätte, kann nur gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, dass Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw. Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den oben dargelegten Anforderungen nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. November 1995, Zl. 93/10/0186 und die erwähnten hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1996, vom 26. April 2010 und vom 21. Mai 2012, mwN.).

Nach den Bescheidfeststellungen ist der Beschwerdeführer dafür verantwortlich, dass das Inverkehrbringen der von ihm zentral eingekauften Waren an die Zweigniederlassungen und die Filialen unter Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften erfolgt. Er ist also dafür verantwortlich, dass die auf den gelieferten Produkten im Zeitpunkt der Anlieferung an die jeweilige Filiale, mithin des Inverkehrbringens, gemachten Angaben über die Haltbarkeit nicht zur Irreführung über den Zustand der Lebensmittel geeignet sind.

Aus dem Vorbringen über das Kontrollsystem geht nicht hervor, in welchen Zeitabständen Anlieferungen der in Rede stehenden Produkte ("Truthahnschnitzel", "Truthahnsteaks") erfolgen, es ist daher nicht erkennbar, wie häufig Lieferungen dieser Produkte überhaupt einer stichprobenartigen Kontrolle unterzogen werden. Eine größere Zahl der vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten stammt entgegen seinem Vorbringen nicht aus dem unmittelbar vor der Beanstandung liegenden Zeitraum, sondern liegt mehrere Monate zurück. Das geschilderte Kontrollsystem ist offenbar so beschaffen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Anlieferung an die jeweilige Filiale keine Kenntnis vom Zustand der gelieferten Lebensmittel hat, sich vielmehr aufgrund seiner bisherigen, durch Gutachten unterstützten, Erfahrungen mit der von ihm herangezogenen Lieferantin darauf verlässt, dass auch die jeweils gerade in Verkehr gebrachten Waren mit gesetzeskonformen Angaben über die Haltbarkeit versehen sind. Den Beschwerden ist auch nicht zu entnehmen, weshalb ungeachtet des behaupteten "Kontrollsystems" Verstöße gegen die Bestimmungen des LMSVG unbemerkt geblieben sind.

Dass die belangte Behörde ein solches Kontrollsystem nicht als ausreichend zur Hintanhaltung von Verstößen gegen das LMSVG angesehen und ein Verschulden des Beschwerdeführers bejaht hat, kann im Ergebnis insgesamt nicht als rechtswidrig erkannt werden. (VwGH vom 14.06.2012, 2009/10/0080)

Siehe dazu auch VwGH vom 21.05.2012, 2009/10/0029

Nach der glaubwürdigen Rechtfertigung des Bf., erfolgte die Etikettierung des verfahrensgegenständlichen Produktes in der Zentrale der X. AG mit Sitz in N.. Der Bf. hatte sohin keinen Einfluss auf den Inhalt dieses Etikettes. Nachdem der Bf schließlich von dem Umstand Kenntnis erlangt hatte, dass das gegenständliche Etikett irreführende Angaben enthielt, verständigte er umgehend die Zentrale, welche die Änderung des Etikettes durchführte. Nunmehr enthalte dieses Etikett nicht mehr die beanstandete Angabe.

Da aber die Etikettierung nicht dem unmittelbaren Einflussbereich des Bf unterlag, konnte er auch nicht für die ihm zur Last gelegte Tat zur Verantwortung gezogen werden, weshalb der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Verfahrens spruchgemäß zu verfügen waren. (VGW vom 15.02.2016, VGW-022/018/14817/2015)

Als Grundregel normiert Art. 8 Abs. 1 LMIV für die korrekte Information über ein Lebensmittel die Verantwortlichkeit des Unternehmers, “unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird“, bzw. des Importeurs in die EU. Damit wird die informationsrechtliche Verantwortung von der Rechtsbeziehung zwischen Verbraucher und Letztverkäufer getrennt, indem sie nicht mehr den Verkäufer als solchen trifft. Dies wird insb. im Bericht zur Vorbereitung der Beschlussfassung im Europäischen Parlament deutlich. Dort wird hervorgehoben, dass die Händlerverantwortung reduziert werden müsse („Das Prinzip zielt darauf, dass Handelsunternehmen nicht für solche Umstände zur Verantwortung gezogen werden, die nicht in ihrem Geschäfts- bzw. Einflussbereich liegen“), und in der Entstehungsgeschichte des Art. 8 Abs. 1 LMIV (siehe dazu im Detail Voit/Grube, LMIV2, 2016, Ch. Beck, Art. 8 Rz. 13 ff.) kommt klar zum Ausdruck, dass die Verantwortung der Handelsunternehmen eingeschränkt und auf den von ihnen kontrollierten Einflussbereich beschränkt werden soll. Eine sogenannte „Kettenverantwortung“ (siehe dazu Blass ua, LMR3, Art. 8 LMIV, Rz 1 ff.), wonach jeder in der gesamten Kette des Lebensmittelverkehrs von der Erzeugung der Urprodukte über die Herstellung eines Lebensmittels und seiner Weitergabe über den Groß- und Einzelhandel, auch über Gaststätten oder Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung, bis zur Abgabe an den Endverbraucher dafür verantwortlich ist, dass das Produkt zum jeweiligen Zeitpunkt des Inverkehrbringens alle lebensmittelrechtlichen Vorschriften erfüllt, entspricht deshalb nicht dem Modell der LMIV.

…..

Art. 8 Abs. 3 LMIV modifiziert nicht den Grad an Verantwortlichkeit, sondern normiert ein Abgabeverbot: Er verbietet jenen Lebensmittelunternehmern, deren Tätigkeiten die Information über Lebensmittel nicht beeinflussen, Lebensmittel abzugeben, von denen sie wissen oder annehmen müssen, dass sie u.a. den Vorschriften des Lebensmittelinformationsrechts nicht entsprechen. Welche Unternehmer die Information über Lebensmittel „nicht beeinflussen“ sollen, sagt die LMIV nicht. Gemeint sind aber wohl jene Wirtschaftsbeteiligten, die nicht als Vermarkter im Sinne von Abs. 1 verantwortlich sind, aber an Endverbraucher oder Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung Lebensmittel abgeben, also v.a. die Handelsunternehmen (vgl. Voit/Grube, LMIV2, 2016, Ch. Beck, Art. 8 Rz. 30). Es ist dem Wortlaut nach nur das „Abgeben“ (und eben nicht das „Inverkehrbringen“) von Lebensmitteln verboten, von deren Nichtübereinstimmung mit dem Lebensmittelinformationsrecht sie positive Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis haben, wobei mit „Abgeben“ nach dem Wortsinn nur das „Weitergeben“ von Lebensmitteln und nicht auch das bloße Feilhalten bzw. Bereithalten für Verkaufszwecke gemeint sein kann (dafür spricht auch die englische Sprachfassung, die den Begriff „supply“, der in Regel als „Abgabe“ verstanden wird, verwendet). Das bloße Feilhalten von Lebensmitteln, die dem Lebensmittelinformationsrecht nicht entsprechen, ist daher keine Zuwiderhandlung gegen Art. 8 Abs. 3 LMIV (siehe zu alldem Blass ua, LMR3, Art. 8 LMIV, Rz 38, und die Anfragebeantwortung des Kommissars Dalli vom 28.2.2012, E-385/12) (LVwG-S-859/001-2017 LVwG vom 04.06.2018).

Des Weiteren muss die Bestellung klar zum Ausdruck bringen, dass sie nicht nur eine Übertragung von Aufgaben, sondern gerade auch die Übernahme der diesbezüglichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit regelt. Bestellung und übereinstimmende Zustimmung müssen daher so erklärt werden, dass kein Zweifel an deren Inhalt entsteht (VwGH 2010/03/0065 ZVR 2013/52) und dem Beauftragten die rechtlichen Konsequenzen der Verantwortlichkeitsübertragung klar vor Augen stehen (VwGH 16.9.1998, 97/09/0150). Unzureichend ist die Verpflichtung bloß zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, weil sie nicht ausreichend den Umstand der beabsichtigten Überwälzung gerade auch der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für diesbezügliche Verstöße zum Ausdruck bringt. (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 9 Rz 38) Der vorgelegten Bestellungsvereinbarung ist zu entnehmen, dass sich die Verantwortung auf alle zur Anwendung gelangenden Vorschriften, insbesondere auf die Einhaltung der Vorschriften der LMSVG, erstreckt. Dass damit auch die Übernahme der diesbezüglichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit beabsichtigt ist, wurde in der Bestellungsvereinbarung nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht und ist die Bestellung der Beschwerdeführerin zur verantwortlichen Beauftragten auch aus diesem Grund unwirksam. (LVwG Tirol vom 26.08.2019, LVwG-2019/23/1340-1)

Nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Nach dieser Bestimmung kann somit nur eine Person zum „verantwortlichen Beauftragten“ bestellt werden, die zum Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen im Sinne des § 9 Abs 1 VStG zählt. Demgegenüber lässt der zweite Satz des § 9 Abs 2 VStG zu, dass auch andere Personen (keine zur Vertretung nach außen Berufenen) für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden können.

Im Erkenntnis vom 29.01.2009, Zl 2007/03/0092, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass anders als bei der Bestellung eines nicht dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen angehörenden verantwortlichen Beauftragten für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche eines Unternehmens im Sinn des § 9 Abs 2 letzter Satz VStG bzw des § 9 Abs 3 VStG durch die „Übertragung von Geschäftsführerbereichen“ dem verantwortlichen Beauftragten keine ihn bis dahin nicht treffende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übertragen wird; vielmehr wird die mehrere Geschäftsführer grundsätzlich gemeinsam treffende Verantwortung für den in dieser Urkunde genannten Bereich nur einem der Geschäftsführer zugeordnet. Die Bestellung lässt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vertretungsorgan im Sinne des § 9 Abs 1 VStG unberührt, sie bewirkt nur (nach Maßgabe ihres Umfanges) den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen Vertretungsorgane bzw nach § 9 Abs 6 VStG deren Einschränkung auf den Fall vorsätzlicher Nichtverhinderung.

Zudem wurde in dieser Entscheidung dargelegt, dass es vor diesem Hintergrund bei einer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen im Sinne des § 9 Abs 2 erster Satz VStG nicht erforderlich ist, dass etwa diese Person formell auch seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit in der Bestellungsurkunde zum Ausdruck bringt, sondern es genügt, dass nachweislich ein eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich besteht und der Bestellte für diesen Bereich zu eigenverantwortlichen Rechtshandlungen verpflichtet wird.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, dass mit der vor-liegenden Geschäftsordnung vom 25.05.2001 hinsichtlich der gegenständlichen Übertretung nach dem LMSVG Mag. N K zum „verantwortlichen Beauftragten“ nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG bestellt worden ist, zumal er nach dieser Geschäftsordnung insbesondere für die Filialen zu-ständig und dabei laut dieser Urkunde für diese allein verantwortlich und weisungsbefugt ist. (LVwG Tirol-2014/19/3542-2 vom 07.11.2014)

In den Fällen des § 9 VStG trifft die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ. Beschuldigter ist daher nicht die Gesellschaft, die Genossenschaft oder der Verein, sondern allein das Organ (VwGH vom 27.10.1982 Zl. 1381/80). Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind von Amts wegen festzustellen. (VwGH vom 22.10.1971, Zl. 443/71)

Wenn allerdings die vertretungsbefugten Organe für einen sachlich oder räumlich abgegrenzten Bereich des Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen, hat dieser für die Einhaltung der Verwaltungsbestimmungen einzustehen.

Als erstes war daher zu klären ob die Beschuldigte überhaupt als verantwortliche Beauftragter im Sinne des § 9 VStG bestellt worden ist.

Der erforderliche Zustimmungsnachweis zur Bestellung als verantwortlicher Beauftragter (iSd Ausführungen der Erkenntnisse eines verstärkten Senates vom 16.01.1987, 86/18/0073 und 86/18/0077) ist erst dann erbracht, sobald er der Verwaltungsstrafbehörde vorgelegt wird.

Da die von der Beschuldigten vorgelegte Bestellungsurkunde für die hier verfahrensgegenständliche Übertretung nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung eine ausdrückliche Ausnahme vorsieht und die Beschwerdeführerin ausschließlich für die Einhaltung der Mindesthaltbarkeitsdaten bestellt worden ist, ist für diese keine gültige Bestellung als Verantwortliche Beauftragter zustande gekommen und ist die Beschwerdeführerin demnach für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht verantwortlich und es wäre der Strafvorwurf daher an das zur Vertretung nach außen befugte Organ zu richten gewesen. (LVwG Tirol 2014/23/2291-2 vom 01.10.2014)

Siehe auch LVwG Tirol-2014/23/2923-1 vom 28.10.2014

Eine zentrale Voraussetzung für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes ist das Vorliegen eines Fortsetzungszusammenhangs auch auf der subjektiven Tatseite (auf der Verschuldensseite). Daher scheidet ein fortgesetztes Delikt dann aus, wenn den einzelnen Tathandlungen gesondert gefasste und voneinander getrennt zu beurteilende Entschlüsse des Täters zugrunde liegen oder eine fahrlässige Verschuldensform vorliegt. Wird also der Täter für verschiedene Tathandlungen beanstandet und gibt es keinen Hinweis auf einen einheitlichen Willen, so ist kein Fortsetzungszusammenhang gegeben. Hinweise darauf haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben und wurde auch nicht vorgebracht.

Ein fortgesetztes Delikt scheidet daher schon aufgrund des mangelnden einheitlichen subjektiven Tatvorsatzes aus (vgl. nochmals das Erkenntnis des VwGH vom 18.3.1998, Zl. 96/09/0313 und die dort angeführte Vorjudikatur und Literaturhinweise).

Nach dem Grundsatz der Kumulation gemäß § 22 VStG ist grundsätzlich für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen ist.

Die Grenze des Kumulationsprinzips liegt im Verbot der Doppelbestrafung, wobei Art. 4 7. ZP MRK nur vor einer neuerlichen Verfolgung und Bestrafung für ein und dasselbe Delikt schützt. Wenn durch ein und dieselbe Handlung jedoch zwei Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), so liegt keine Verletzung des Art. 4 7. ZP MRK vor (vgl. dazu u.a. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren zu § 22, Seite 415). Bei der Beurteilung der Frage, ob "dieselbe Sache" iSd Art. 4 7. ZP MRK vorliegt, ist allein auf die Fakten abzustellen und hat die rechtliche Qualifikation derselben außer Betracht zu bleiben (vgl. EGMR E 10. Februar 2009, 14939/03 (Sergey Zolotukhin); E 16. Juni 2009, 13079/0325 (Ruotsalainen); E 25. Juni 2009, 55759/07 (Maresti); E 14. Januar 2010, 2376/03 (Tsonyo Tsonev); E 18. Oktober 2011 (Tomasovi'c)). Unzulässig ist eine neuerliche Strafverfolgung dann, wenn sie sich auf denselben oder zumindest im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht (vgl. zuletzt VwGH Erkenntnis vom 24.4.2014, Zl. 2013/09/0047).

Gegenständlich wird der Beschwerdeführerin betreffend zweier Produkte, Chicoree und Salatherzen, zweimal vorgeworfen, zum einen eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 5 Z. 2 Vorheriger SuchbegriffLMSVGNächster Suchbegriff und zum anderen eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 5 Z. 3 Vorheriger SuchbegriffLMSVGNächster Suchbegriff zu verantworten zu haben. Es handelt sich hier um zwei verschieden gelagerte Vorwürfe, jeweils unterschiedliche Anforderungen des Vorheriger SuchbegriffLMSVGNächster Suchbegriff nicht beachtet zu haben. Es kann schon deswegen nicht erkannt werden, dass eine einheitliche Strafe zu verhängen gewesen wäre, da auf Grundlage des Kumulationsprinzips hier jedenfalls zwei unterschiedliche Tatbilder bestehen sowie unterschiedlicher Unrechtsgehalt damit verfolgt wird und damit keine Gefahr einer Doppelbestrafung vorliegt. (VWG vom 15.01.2018, VGW-022/056/3380/2017)

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz - nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes - im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung , also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten, als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden. Der hier zweitgenannte Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liegt dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. VwGH 21.5.2019, Ra 2019/03/0009; 30.1.2019, Ro 2018/03/0053; 29.1.2019, Ro 2018/03/0012; 20.12.2017, Ra 2017/03/0052; 3.5.2017, Ra 2016/03/0108).

Zur Beantwortung der Frage, ob eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegt, ist im Wege der deliktspezifischen Tatbestandsauslegung zu prüfen, ob gleichartige Handlungen zu einer einzigen Tat zusammengefasst werden können (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/02/0107, mwN). (VwGH vom 27.02.2020, Ra 2019/10/0155)

Dennoch erweist sich nach Ansicht des erkennenden Gerichtes die der Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt B) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als berechtigt, weil eben die verfahrensgegenständliche Probe als vorverpacktes Lebensmittel, das für den Endverbraucher oder Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt ist, in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV) fällt und nach Art 7 Abs 1 lit a dieser Verordnung Informationen über Lebensmittel in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung nicht irreführend sein dürfen. Gegenständliche Probe wurde mit der Auslobung „Arance-Orangen-Tarocco/Aus biologischer Landwirtschaft“ in Verkehr gebracht und war sohin dieses Lebensmittel für die Lieferung an Endverbraucher bestimmt. Dieses Lebensmittel widersprach aufgrund des Nachweises von Dithiocarbamaten der allgemeinen Verkehrsauffassung und der berechtigten Verbrauchererwartung eines derart beworbenen Produktes und stellte somit eine zur Irreführung geeignete Angabe über deren Eigenschaft bzw Zusammensetzung dar, somit entsprach es nicht den Anforderungen der LMIV betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel. Das Faktum, dass der Beschwerdeführerin zu Spruchpunkt A) des angefochtenen Straferkenntnisses bereits rechtskräftig vorgeworfen wurde, dass das Produkt „Arance-Orangen-Tarocco/Aus biologischer Landwirtschaft“ Rückstände an Dithiocarbamaten enthält und die Anwendung dieser Dithiocarbamate im ökologischen Landbau nicht zulässig ist, rechtfertigt nicht die irreführende Kennzeichnung des Lebensmittels als Bio-Lebensmittel und schließen sich beide Bestrafungen, die auf unterschiedlichen Kriterien aufbauen, nicht aus. Während die VO (EG) Nr. 889/2008 (EU-Öko-VO) die Produktion, die Verarbeitung, die Kontrolle und den Import von Bio-Produkten regelt und dadurch einer Gesundheitsgefährdung entgegenwirkt, ist Schutzzweck der LMIV, um auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes der Verbraucher ein hohes Niveau zu erreichen und um das Recht der Verbraucher auf Information zu gewähren, die Sicherstellung einer geeigneten Information im Hinblick auf die Lebensmittel, die sie verzehren. Dabei kann die Wahl der Verbraucher ua durch gesundheitsbezogene, wirtschaftliche, umweltbezogene, soziale und ethische Erwägungen beeinflusst werden. Es ist ein allgemeiner Grundsatz des Lebensmittelrechtes, den Verbrauchern die Möglichkeit zu bieten, in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verzehren, eine fundierte Wahl zu ermöglichen, und alle Praktiken, die die Verbraucher irreführen können, zu verhindern. Im Ergebnis hat deshalb die Beschwerdeführerin zusätzlich zur ihr unter Spruchpunkt A) des angefochtenen Straferkenntnisses aufgrund unterschiedlicher Schutzzwecke auch die ihr unter Spruchpunkt B) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht. Aufgrund des Nachweises von Dithiocarbonaten war die Kennzeichnung der gezogenen Probe mit der Bezeichnung „Arance-Orangen-Tarocco/Aus biologischer Landwirtschaft“ und somit als Bio-Lebensmittel eine zur Irreführung geeignete Angabe über deren Eigenschaft bzw Zusammensetzung und zusätzlich zur angelasteten Übertretung unter Spruchpunkt A) strafbar. Die Argumentation in der Beschwerde geht somit ins Leere. (LVwG Tirol vom 21.2.2019, LVwG 2018/41/2707-1)

Es entspricht herrschender Rechtsprechung, dass der Verantwortliche, der persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen kann, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von seinerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen hat, dass die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (VwGH 19.2.1986, 85/09/0037). Nur wenn der Verantwortliche glaubhaft machen kann, dass die ihm angelastete Verwaltungsübertretung trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. (VwGH 27.9.1988, 87/08/0026)

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, dass er krankenstandsbedingt abwesend gewesen sei, durch die von der Geschäftsleitung bestellten Vertreter vertreten worden sei, bzw. vielmehr auch auf die Auswahl des zwischenzeitig Verantwortlichen keinen Einfluss gehabt habe, so mag dies zwar zutreffen. Jedoch selbst wenn es bei krankenstandsbedingten Abwesenheiten keine Auswahlmöglichkeit eines speziellen Vertreters bzw. Leiters der Fleischabteilung gibt und er auch keine eigenständigen Entscheidungen über seine Vertretung treffen konnte, so hätte der Beschwerdeführer doch glaubhaft machen müssen, dass ein Kontrollsystem eingerichtet sei, welches trotz Bestehens und Funktionierens und ohne sein Wissen und ohne seinen Willen, die Verwaltungsübertretung nicht verhindern hätte können (VGW-022/056/23226/2014 vom 18.08.2014)

Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Lebensmittelunternehmerin im Sinne des Art 4 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr 852/2004. Als Lebensmittelunternehmer muss er Sorge tragen, dass die Lebensmittelsicherheit nicht gefährdet wird. Aus Kapitel I Art 1 Abs 1 lit a und b der Verordnung (EG) Nr 852/2005 ergibt sich, dass die Hauptverantwortung für die Sicherheit eines Lebensmittels beim Lebensmittelunternehmer liegt. Dem Tenor der unionsrechtlichen Judikatur folgend besteht diese Verantwortung bis zur Abgabe des Lebensmittels an den Letztverbraucher (siehe zB EuGH, 13.11.2014, C-443/13) und ist diese mit einem durchaus strengen Maßstab aufrecht zu erhalten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er das Produkt beim Hersteller gekauft habe und es sich bei der Firma B Y GmbH nur um ein Handelsunternehmen handle, vermag ihn von der Verantwortung nicht zu befreien. (LVwG Tirol vom 24.03.2014, LVwG-2015/46/1941-3)

Allerdings regelt Art 8 der EU-Verbraucherinformationsverordnung die Verantwortlichkeiten ausführlich und abweichend vom bisher geltenden Prinzip der Kettenverantwortung, wonach grundsätzlich jeder, der innerhalb der Vertriebskette in Verkehr bringt, auch für frühere Verstöße etwa des Herstellers oder Vormannes gegen Verordnungen nach dem LMSVG in Anspruch genommen werden kann (näher Natterer, Lebensmittelrecht Rz 59; weiter Blass ua, LMR3 Rz 5 zu § 1 LMKV).

Nach Art 8 Abs 1 leg.cit. ist der Lebensmittelunternehmer für die Information über ein Lebensmittel verantwortlich, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, wenn dieser Unternehmer aber nicht in der Union niedergelassen ist, der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt. Dieser Vermarkter bzw Importeur gewährleistet gemäß Art 8 Abs 2 leg.cit. das Vorhandensein und die Richtigkeit der Informationen über das Lebensmittel. Andere Lebensmittelunternehmer, deren Tätigkeiten die Informationen über Lebensmittel nicht beeinflussen, sind nach Art 8 Abs 3 leg.cit. nur mehr eingeschränkt auf den Rahmen ihrer Berufstätigkeit verantwortlich. Sie dürfen keine Lebensmittel abgeben, von denen sie „aufgrund der ihnen im Rahmen ihrer Berufstätigkeit vorliegenden Informationen“ wissen oder annehmen müssen, dass sie dem anwendbaren Lebensmittelinformationsrecht und den Anforderungen der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entsprechen. Sie müssen demnach zwar die ihnen beruflich schon vorliegenden Informationen beachten, können im Übrigen aber auf die Verantwortlichkeit des Vermarkters verweisen. Unbeschadet dessen haben Lebensmittelunternehmer gemäß Art 8 Abs 5 leg.cit. „die Einhaltung der für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen des Lebensmittelinformationsrechts“ sicher zu stellen. (LVwG OÖ vom 14.01.2015 LVwG-000070/2/WEI)

Aus Art. 8 Abs. 1 LMIVO ergibt sich zunächst die Verantwortlichkeit des Lebensmittelunternehmers, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, für die Information (vgl. neuerlich VwGH Ra 2017/10/0121). Diesen Lebensmittelunternehmer trifft auch die in Abs. 2 leg. cit. normierte Gewährleistungspflicht. Die in diesen beiden Absätzen des Art. 8 LMIVOgeregelte Verantwortlichkeit trifft im Revisionsfall unzweifelhaft die L Stiftung.

Eine Verantwortlichkeit der L Österreich nach Art. 8 LMIVO scheidet damit nach dem oben dargelegten Prinzip der Kettenverantwortung aber nicht von vornherein aus. Es ist vielmehr zu prüfen, ob einer der Abs. 3 bis 5 des Art. 8 LMIVO anwendbar ist.

Eine Verantwortlichkeit der L Österreich im Revisionsfall nach Abs. 3 leg. cit. kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dem Mitbeteiligten als Außenvertretungsbefugten nicht die „Abgabe“ des beanstandeten Produkts, sondern das bloße Bereithalten zum baldigen Verkauf zur Last gelegt wurde. Aus dem Umstand, dass der Unionsrechtsgesetzgeber den engeren Begriff „Abgabe“ verwendet und sohin nicht auf das umfassendere „Inverkehrbringen“ abstellt, ist abzuleiten, dass nach Art. 8 Abs. 3 LMIVO das Anbieten bzw. Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke nicht umfasst ist.Nach dem Sinngehalt des Wortes „Abgabe“ ist nur die Weitergabe der Lebensmittel unzulässig und nicht schon das bloße Feilhalten; das bloße Feilhalten von Lebensmitteln, die dem Lebensmittelinformationsrecht nicht entsprechen, ist daher keine Zuwiderhandlung gegen Art. 8 Abs. 3 LMIVO (vgl. zu all dem Blass ua., aaO, Rz 38, auch unter Hinweis auf die englische Sprachfassung, die den Begriff „supply“ verwendet).

Ebenso scheidet der Tatbestand des nach Abs. 4 leg. cit. aus, weil im Revisionsfall von der L Österreich keine Änderung der Informationen im Sinne dieser Bestimmung vorgenommen wurde.

Zu prüfen ist somit die Verantwortlichkeit der L Österreich nach Art. 8 Abs. 5 LMIVO.

„Unbeschadet“ der in den Abs. 2 bis 4 leg. cit. geregelten Verantwortlichkeiten normiert diese Bestimmung die Verpflichtung von Lebensmittelunternehmern, die Einhaltung der für ihre Tätigkeiten relevanten Anforderungen des Lebensmittelinformationsrechts und der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften sicher zu stellen und die Einhaltung dieser Vorschriften nachzuprüfen. Damit wird - unabhängig davon, ob die (unterschiedlichen) Lebensmittelunternehmer ihre sich aus den Abs. 2 bis 4 ergebenden Verpflichtungen erfüllt haben - eine besondere Verantwortung für die Lebensmittelinformation geregelt, die für die Lebensmittelunternehmer auf jeder Vertriebsstufe relevant ist. So soll bereits der Lebensmittelunternehmer (im Sinne des Art. 8 Abs. 1 und 2 LMIVO), unter dessen Namen ein Lebensmittel vermarktet wird, verpflichtet werden, ein geeignetes Kontrollsystem zur Sicherstellung der Richtigkeit der Lebensmittelinformation einzuführen. Gleiches gilt für die Lebensmittelunternehmer anderer Vertriebsstufen.

Sinn und Zweck der Regelung des Abs. 5 des Art. 8 LMIVO ist nicht die Anordnung einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung, sondern die Betonung eines besonderen Sorgfaltsmaßstabs: Demnach muss sich jeder Lebensmittelunternehmer im Rahmen des jeweils Möglichen und Zumutbaren von der Übereinstimmung der konkreten Lebensmittelinformation mit den einschlägigen Rechtsvorschriften überzeugen (vgl. Blass ua., aaO, Rz 48 f).

Im Ergebnis bedeutet das, dass - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - jeder Lebensmittelunternehmer (in Österreich) innerhalb der Vertriebskette nach Maßgabe des österreichischen nationalen Rechts (verwaltungsstraf-)rechtlich für jede Übertretung, die an das Inverkehrbringen anknüpft oder einen formalen Verstoß gegen das LMSVG bzw. gegen eine auf dessen Grundlage ergangene Verordnung verwirklicht, in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn der Verstoß primär auf eine Sorgfaltspflichtverletzung eines Lebensmittelunternehmers einer vorgelagerten Vertriebsstufe zurückzuführen ist. Ob der Unternehmer (bzw. ein Außenvertretungsbefugter oder verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG) sorgfaltswidrig gehandelt hat, ist bei der Prüfung der Fahrlässigkeit zu untersuchen (vgl. Natterer, aaO.; zu den Sorgfaltspflichten bzw. dem Erfordernis der Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems in diesem Zusammenhang vgl. etwa VwGH 19.2.2014, 2013/10/0206, mit Hinweis auf VwGH 14.6.2012, 2009/10/0080 und 0081).

Demnach erweist sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die L Österreich könne im Revisionsfall eine Verantwortlichkeit für den Vertrieb des in Rede stehenden, nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Lebensmittels nach Art. 8 Abs. 5 LMIVO nicht treffen, als verfehlt. Vielmehr ist eine Verantwortlichkeit dieses Unternehmens - ein entsprechendes Verschulden des Mitbeteiligten nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 VStG vorausgesetzt - nach Abs. 5 leg. cit. gegeben.
Eine Verwaltungsübertretung ist regelmäßig als dort begangen anzusehen, wo der Täter gehandelt hat oder, bei Unterlassungsdelikten hätte handeln sollen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der Frage, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen, stets auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 27.3.2019, Ra 2017/10/0147, mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen).

Das Bereithalten eines Produkts fällt unter den Begriff des „Inverkehrbringens“ im Sinne des § 3 Z 9 LMSVG iVm Art. 3 Z 8 der EG-BasisVO (vgl. VwGH 29.10.2007, 2007/10/0204).

Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um ein Begehungsdelikt; Tatort ist in diesem Fall der Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2017/10/0169, mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen; vgl. weiters das erwähnte Erkenntnis VwGH Ra 2017/10/0147).

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass für die Verwaltungsübertretung der Mitbeteiligte als Außenvertretungsbefugter im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG einzustehen hat. Begehungsdelikte werden nicht dadurch zu Unterlassungsdelikten, dass ein Außenvertretungsbefugter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift verantwortlich ist. Dem Außenvertretungsbefugten wird in diesen Fällen nämlich nicht der Vorwurf gemacht, er habe es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die nicht entsprechend gekennzeichnete Ware nicht in Verkehr gebracht werde. Ihn trifft vielmehr der Vorwurf des Inverkehrbringens dieser Ware (vgl. VwGH 29.5.1995, 94/10/0173, zum verantwortlichen Beauftragten nach § 9 VStG). (VwGH vom 12.10.2020, Ro 2018/10/0047)

Siehe auch: LVwG-000302/2/Gf/Rok_01

Dies gilt auch für Hofläden. Siehe auch: LVwG Tirol vom 2.12.2021, LVwG-2021/44/1136-3

Die Kosmetikverordnung regelt die Verpflichtungen aller Personen in der Lieferkette. Während Hersteller im gegenständlichen Fall als verantwortliche Person für jedes in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel die Einhaltung der in dieser Verordnung aufgeführten einschlägigen Verpflichtungen gewährleistet, haben die Händler im Rahmen ihrer Tätigkeiten die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt, wenn sie ein kosmetisches Mittel in Verkehr bringen, zu berücksichtigen. Auch der Händler sollte über ein gewisses Grundwissen verfügen, um erkennen zu können, welche Produkte eindeutig nicht den Harmonisierungsrechtsvorschriften entsprechen (zB wegen fehlender Kennzeichnung). Bevor sie ein kosmetisches Mittel auf dem Markt bereitstellen, überprüfen die Händler, ob die Kennzeichnungsinformationen gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a, e und g sowie Artikel 19 Absätze 3 und 4 vorliegen, der Sprachanforderungen gemäß Artikel 19 Absatz 5 genügt wird und gegebenenfalls ob das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Artikel 19 Absatz 1 nicht abgelaufen ist.

Für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ist es wesentlich, in welcher Eigenschaft der Täter auftritt, ob als Hersteller, als Importeur oder, wie die Beschwerdeführerin, als Händler. In weiterer Folge ändert sich je nach Eigenschaft auch der Tatvorwurf, da die Kosmetikverordnung jedem an der Lieferkette Beteiligten andere Pflichten auferlegt. Dem Händler kann dabei nur der Vorwurf gemacht werden, dass er im Rahmen seiner Tätigkeiten die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt, wenn er ein kosmetisches Mittel in Verkehr bringt, nicht berücksichtigt hat oder, wie im gegenständlichen Fall, er bevor er das gegenständliche kosmetische Mittel auf dem Markt bereitgestellt hat, nicht überprüft hat, ob die Kennzeichnungsinformationen gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a, e und g sowie Artikel 19 Absätze 3 und 4 vorliegen, der Sprachanforderungen gemäß Artikel 19 Absatz 5 genügt wird und gegebenenfalls ob das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Artikel 19 Absatz 1 nicht abgelaufen ist. (LVwG Tirol vom 27.11.2018, 2018/46/2056-2)

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