Das ÖLMB ist ein objektiviertes, als Beweismittel besonderer Art zu würdigendes, jedoch keineswegs unwiderlegbares Sachverständigengutachten, welches die Meinung der am Verkehr mit Lebensmitteln beteiligten Kreise (Erzeuger, Händler und Verbraucher) und auch die der Behörden widerspiegelt und damit insbesondere auch die konkrete Verbrauchererwartung wiedergibt; der Gegenbeweis einer von den Richtlinien des Kapitels B 17 abweichenden oder ihnen widersprechenden Verbrauchererwartung wäre also nicht ausgeschlossen.

Es wissen zwar die österreichischen Konsumenten mit dem ihnen weitestgehend unbekannten Grenzwert von 1 g fester Stoffe in 1 kg Wasser 'nur wenig anzufangen'; sie wissen aber sehr wohl, daß der Gehalt an ('richtigen') Mineralstoffen dafür bestimmend ist, ob sie 'ein Wasser als Mineralwasser erleben'. Gerade das Fehlen konkreter Vorstellungen über Art und Menge solcher Bestandteile nötigt ihn dazu, auf die Richtigkeit der für das jeweilige Produkt verwendeten Bezeichnung zu vertrauen; er wird deshalb im allgemeinen davon ausgehen, daß die Beschaffenheit der Ware und insbesondere ihre stoffliche Zusammensetzung jenen Anforderungen entspricht, die von den damit befaßten amtlichen Stellen oder sonstigen Fachkreisen als Voraussetzung für die Verwendung einer bestimmten Bezeichnung festgelegt worden sind.

Daß bei der Ermittlung dieser mittelbaren ('verweisenden') Verbrauchererwartung im vorliegenden Fall vor allem auf die Beurteilungsgrundsätze des Codex-Kapitels B 17 Bedacht zu nehmen ist, folgt schon aus der Rechtsnatur des ÖLMB, bei welchem es sich, wie schon erwähnt, um ein von der Codexkommission vorbereitetes und vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz herausgegebenes, qualifiziertes Sachverständigengutachten handelt, welches vor allem der Verlautbarung von Sachbezeichnungen, Vertriebsbestimmungen und Beurteilungsgrundsätzen sowie von Richtlinien für das Inverkehrbringen diesem Bundesgesetz unterliegender Waren dient. (OGH vom 14.05.1985, 4Ob330/85)