Im vorliegenden Fall ist entscheidungswesentlich, ob der Verbraucher durch die Bezeichnung "aus kontrolliertem Anbau" den (unrichtigen) Eindruck gewinnt, es handle sich beim Produkt der Klägerin um ein solches aus biologischem Landbau, für das besondere Richtlinien hinsichtlich seiner Erzeugung bestehen und eine behördlich überwachte Kontrolle vorgenommen wird.

Art 6 und 7 der in Österreich unmittelbar anzuwendenden Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften Nr 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel sehen ua Vorschriften über den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln vor. Ein in den Art 8 bis 10 geregeltes Kontrollsystem durch behördlich überwachte Kontrollstellen sichert die Einhaltung dieser Richtlinie. Nach Art 2 dieser Verordnung gilt ein Erzeugnis als aus ökologischem Landbau stammend gekennzeichnet - für welchen Fall die übrigen Bestimmungen der Verordnung anzuwenden sind -, wenn in der Etikettierung, der Werbung oder den Geschäftspapieren das Erzeugnis oder seine Bestandteile durch die in den einzelnen Mitgliedsstaaten gebräuchlichen Angaben gekennzeichnet sind, die dem Käufer den Eindruck vermitteln, daß das Erzeugnis oder seine Bestandteile nach den Produktionsregeln gemäß Art 6 und 7 der Verordnung gewonnen wurden. Art 2 nennt hiefür beispielhaft die Bezeichnung "ökologisch". Zur Beurteilung, ob ein Produkt als aus ökologischem Landbau stammend gekennzeichnet ist, stellt die Verordnung damit auf das Verständnis des Verbrauchers im einzelnen Mitgliedsstaat ab. Maßgeblich ist, ob eine Bezeichnung den Eindruck erweckt, es handle sich um ein Produkt aus ökologischem Landbau. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (siehe Artmann, Wettbewerbsrecht und Umweltschutz 148 mwN) spiegeln das Österreichische Lebensmittelbuch und die darin verlautbarten Richtlinien als objektivierte Sachverständigengutachten die Meinung der am Verkehr mit Lebensmitteln beteiligten Kreise wider und können damit zur Beurteilung der Verbrauchererwartung herangezogen werden. Kapitel A 8 des Österreichischen Lebensmittelbuches "Landwirtschaftliche Produkte aus biologischem Landbau und daraus hergestellte Folgeprodukte", Teilkapitel A "Landwirtschaftliche Produkte pflanzlicher Herkunft" enthält Produktionsrichtlinien für den biologischen Landbau wie Vorschriften über Düngung und Pflanzenschutzmaßnahmen; diese sehen behördlich überwachte Kontrollen vor. Nach Abs. 19 dieses Kapitels unterliegen alle jene Produkte den Bestimmungen des Codexkapitels - somit den darin geregelten Produktionsrichtlinien und Kontrollen -, die dem Käufer den Eindruck einer Produktion aus biologischem Landbau vermitteln. Dazu gehören nach dem 1995 ergänzten Satz 2 des Abs. 19 auch Produkte mit Bezeichnungen wie "kontrollierter Anbau", wenn nicht deutlich und allgemein verständlich erkennbar ist, daß es sich nicht um Produkte aus biologischer Landwirtschaft handelt.

Der Bezeichnung einer Ware als "aus kontrolliertem Anbau" stammend kann der Verbraucher zunächst zwanglos entnehmen, daß Anbau und damit auch Art und Ausmaß der Düngung und des Pflanzenschutzes "kontrolliert" eingesetzt werden. Sie ist daher einerseits Werbung mit einem Umweltschutzbegriff (wie die Bezeichnung "biologisch", vgl ÖBl 1995, 164 - Bioziegel mwN). Andererseits spricht sie als Bezeichnung eines Lebensmittels auch gesundheitliche Aspekte an und ist zugleich eine Beschaffenheitsangabe im Sinn des § 2 Abs. 1 UWG, bezeichnet sie doch eine tatsächliche Eigenschaft der Ware, die nach den Auffassungen des Verkehrs für ihre Würdigung von Bedeutung ist (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20, Rz 124 zu § 3 dUWG). In Übereinstimmung mit der Lehre hat der Oberste Gerichtshof schon bisher die Frage, ob Werbung mit Umweltschutzbegriffen oder gesundheitsbezogenen Angaben zur Irreführung geeignet ist, nach strengen Maßstäben beurteilt (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 178, 179 ff zu § 1 dUWG; Lindacher Großkommentar dUWG Rz 706 f zu § 3; Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2 30; ecolex 1994, 480 - Biowelt, ÖBl 1995, 164 - Bioziegel, WBl 1993, 364 - Kästle-ÖKO-System). Diese Auffassung wird aufrechterhalten. Derartige Werbung trägt dem zuletzt zunehmend entwickelten, verstärkten Umwelt- und Gesundheitsbewußtsein der Bevölkerung Rechnung, spricht emotionale Bereiche im Menschen an und ist daher in hohem Maß geeignet, den Kaufentschluß des Verbrauchers zu beeinflussen. Der Oberste Gerichtshof hat aus diesen Erwägungen erkannt, daß mit derartigen Umwelthinweisen nur dann geworben werden darf, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung der umworbenen Verkehrskreise auszuschließen ist. Soweit Hinweise auf die Umweltfreundlichkeit von Erzeugnissen mißverstanden werden können, ist der Werbende zu weiterer Aufklärung verpflichtet (ÖBl 1991, 77 - Ozonschutz II mwN; ÖBl 1995, 164 - Bioziegel; WBl 1993, 364 - Kästle-ÖKO-System). Diese Grundsätze gelten auch für gesundheitsbezogene Angaben. Auch in diesen Fällen erfordert die besondere Schutzwürdigkeit des weitestgehend unkundigen Konsumenten strenge Maßstäbe.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der von der Beklagten verwendete Hinweis "aus kontrolliertem Anbau" als irreführend im Sinn des § 2 UWG zu beurteilen. (OGH vom 20.10.1998, 4Ob286/98k)