1.10.7 Irreführungseignung von Kennzeichnungselementen
Auszugehen ist von einem Verbraucher, der die Werbung in situationsadäquater Weise zur Kenntnis nimmt; dabei ist der Grad der Aufmerksamkeit je nach dem Gegenstand verschieden (Link in Ullmann, jurisPK-UWG³ § 5 Rn 136). Verbrauchsgüter (Lebensmittel) sind billig und vergleichsweise kurzlebig. Hier besteht eine flüchtige Wahrnehmung, insbesondere bezüglich der Aufmerksamkeit eines Kunden im Supermarkt (Nordemann in Götting/Nordemann, UWG² § 5 Rn 0.101).
Die Irreführungseignung ist – auch nach der UWG-Nov007 (4 Ob 109/08w) – nach dem Gesamteindruck der strittigen Ankündigung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0078524, RS0043590 [T36, T39, T40]; RS0078470 [T13]; RS0078352).
Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung. Denn er kann schon durch einzelne Teile der Ankündigung, die (etwa auf einem Flaschenetikett, vgl 4 Ob 20/91 – Himbeeressig, und 4 Ob 379/76 – Kürbis-Salatöl) als Blickfang besonders 2 R 58/16p herausgestellt sind, entscheidend geprägt werden. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankün-digung für sich allein nicht irreführend sein (4 Ob 109/08w; RIS-Justiz RS0078542). In solchen Fällen kann nur ein ausreichend deutlicher aufklärender Hinweis zum Wegfall der Irreführungseignung führen (RIS-Justiz RS0078542, RS0118488).
Es reicht aus, wenn die Angabe zur Täuschung des Verkehrs und zur Beeinflussung seiner Entschließung geeignet ist. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich jemand irregeführt wird (Sosnitza aaO Rn 105). Spätere Richtigstellungen oder Klarstellungen im weiteren Text der Werbung oder aufklärende Zusätze ändern an der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung eines täuschenden Blickfangs als irreführend normalerweise nichts (Sosnitza aaORn 133). Hinweise an einer am Blickfang nicht teilhabenden Stelle, zB im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung, schließen die Irreführung nicht aus (Link aaO § 5 Rn 186).
Auch wenn Verbraucher, die sich in ihrer Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung der Erzeugnisse richten, zunächst das Zutatenverzeichnis lesen (EuGH 4.4.2000, RS C-465/98 – „d'arbo naturrein"), kann bei einer irreführenden Etikettierung mitunter das Verzeichnis der Zutaten, auch wenn es richtig und vollständig ist, in bestimmten Fällen gleichwohl nicht geeignet sein, einen falschen oder missverständlichen Eindruck des Verbrauchers bezüglich der Eigenschaften des Lebensmittels zu berichtigen, der sich aus den anderen Elementen der 2 R 58/16p Etikettierung dieses Le-bensmittels ergibt (EuGH 4.6.2015, RS C-195/14 - „Himbeer-Vanille-Abenteuer", insb. Rn 38,40) (OLG Wien vom 30.6.2016, 2 R 58/16p).